Sonntag, 27. Dezember 2015

3 Billionen Bäume vernichtet ...

"Drei Billionen Bäume gibt es laut einer in der Fachzeitschrift "Nature" veröffentlichten Studie derzeit auf der Erde. Aber die gleiche Menge an Bäumen haben Menschen mithilfe von Axt, Feuer und moderner Technik bereits vernichtet. Die Biologin Laura Kehoe von der Berliner Humboldt-Universität hat errechnet, dass das 400 Bäume pro Kopf der Weltbevölkerung sind - und etwas dagegen unternommen. [...]" (Berliner Biologin gründet Plattform für Wiederaufforstung, Entwicklungspolitik online 27.12.2015)

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Siehe auch: "Der Mann, der die Wüste aufhielt"

Sonntag, 20. Dezember 2015

Der kamerunische Philosoph und Historiker Achille Mbembe über Kant und über seine eigene "Kritik der schwarzen Vernunft"

Achille Mbembe: Er ist viele (Achille Mbembe lehrt an der Witwatersrand-Universität in Johannesburg, 2015 erhielt er den Geschwister-Scholl-Preis)
"Es gibt zwei Kants, die wir in der Gegenwart dringend brauchen. Da ist erstens der Kant, der den Menschen als Wesen mit einer souveränen Vernunft erkennt, auf der das moralische Urteil beruht. Auf diesen Kant sind wir angewiesen, weil die Leidenschaften und Affekte gegenwärtig überhandnehmen wollen und weil in den Krisen der globalisierten Welt zumeist unbegründete Ängste als Alibi für Gewaltexzesse dienen. Aber ebenso sehr brauchen wir den Kant des Ewigen Friedens, weil er der Menschheit als Weltgesellschaft einen Horizont öffnet, auf den wir gemeinsam zugehen müssen, wenn wir nicht in der planetarischen Katastrophe, in Krieg und Terror enden wollen.
Die Idee des ewigen Friedens bedeutet, dass wir uns als Gattung anstrengen können, die Erde unter all ihren Bewohnern, die ihre gemeinsamen Eigentümer sind, gerecht zu teilen. Aus afrikanischer Perspektive heißt ewiger Friede universelles Gemeingut. Dieser Kant ist zwar Europäer, aber darauf kommt es nicht an, er könnte ebenso Afrikaner, Chinese oder Inder sein, denn in allen Kulturen wird sein Gedanke der Weltgesellschaft als Eigentümergemeinschaft in Variationen gedacht. 
Aber dann gibt es leider noch einen dritten Kant, und der bleibt seinen europäischen und deutschen Vorurteilen verhaftet, wie man in seiner Schrift über das Schöne und das Erhabene von 1764 nachlesen kann. Kants Gedanken über die Franzosen zum Beispiel wären durchaus geeignet, die alte deutsch-französische Feindschaft wieder aufflammen zu lassen. Auch das ist Kant: Der ehrwürdige Anspruch des Universalismus scheitert, sobald es konkret wird und man das Gesicht eines Menschen vor sich hat, der so gar nicht ist wie man selbst." (ZEIT online 20.12.2015)

Das Werk Mbembes, für das er den Geschwister-Scholl-Preis erhielt und das auch auf Deutsch erschienen ist:
2013: Critique de la raison nègre. Éditions la Découverte, Paris, ISBN 978-2-7071-7747-6.
2013: Critique de la raison nègre, Éditions la Découverte, Paris, E-Book: ISBN 978-2-7071-7846-6.
2014: Kritik der schwarzen Vernunft, Suhrkamp, Berlin 2014, ISBN 978-3-518-58614-3.

Bericht über die Preisverleihung mit einer Charakterisierung des Werks
daraus ein Auszug aus Mbembes Dankesrede:
"Afrika ist meine Heimat und nirgendwo auf diesem riesenhaften Kontinent fühle ich mich fremd.
Seine Geschichte ist untrennbar mit der der Welt verbunden. Tatsächlich gibt es keinen Fleck auf der Erde, der nicht ein Stück Afrika, Spuren der Afrikaner, in sich trägt. Und zugleich gibt es keinen Fleck in Afrika, der nicht die Last der ganzen Welt, ihr Leid, aber auch ihren Segen verspürt.
Man könnte gar sagen, das Schicksal unseres Planeten entscheide sich in Afrika, dem großen Weltlaboratorium unserer Zeit.
Von Anfang an wollte ich mit Kritik der schwarzen Vernunft diese Realität sichtbar machen und zugleich die Verheißung aufzeigen, dass Afrika wieder zu seinem eigenen Zentrum finde, wieder zu einem großen, lebendigen Lebensraum werde, der allen und jedem offensteht, und mit dem Rest der Welt gleichzuziehen vermöge."

Mittwoch, 16. Dezember 2015

„Digitale Lehr- und Lernangebote für den kamerunischen DaF-Unterricht“ Workshop vom 12. Dezember 2015 am Goethe-Institut in Jaunde

Am 12. Dezember 2015 wurde im Goethe-Institut Jaunde ein Seminar zum Thema „Digitale Lehr- und Lernangebote für den kamerunischen DaF-Unterricht “ veranstaltet. Das Ziel des Workshops war es, den Lehrern zu zeigen, wie man heutzutage Deutsch als Fremdsprache mit digitalen Mitteln und neuen Technologien unterrichten kann. Mitveranstalter war der Verein „Edu-Nec“. Die Gesamtorganisation hatte das Auswärtige Amt der Bundesrepublik Deutschland. Das Seminar gliederte sich in vier Schwerpunkte :
  • Ankunft und Empfang von Teilnehmerinnen und Teilnehmern
  • Offizielle Begrüßung zum Workshop
  • Reflexionscocktail: Analysieren und Erproben, Bewerten und Justieren
  • Begrüßung zu Abendprogramm und Büffet
Das Seminar begann gegen 14 Uhr mit einem herzlichen Empfang der Gäste, zu denen nationale und regionale Fachberater sowie Deutschlehrer(innen), die in Schulen tätig sind, zählten. Jede(r) Teilnehmer(in) sollte sich in die Anwesenheitsliste eintragen, bevor ein Informationspaket zum Seminarverlauf ausgegeben wurde.



beim Begrüßungswort von links: Frau Buchecker, Frau Marthe, Moderator  Jean Leopold Leumassi ,  Frau Nadège

Dann folgte die offizielle Eröffnung mit dem Willkommenswort von Frau Katja BUCHECKER, der Expertin für Unterricht im Goethe-Institut Kamerun. Sie wünschte allen Gästen einen angenehmen Aufenthalt in der Hauptstadt Jaunde und viel Spaß beim Workshop. Danach ergriff Frau Ebissemié Marthe, die nationale Inspektorin für Fremdsprachen im kamerunischen Erziehungsministerium, das Wort und bedankte sich herzlich bei allen Lehrern, die nach Jaunde gekommen waren, um am Treffen teilzunehmen. Sie führte aus, dass die kamerunischen Lehrkräfte die Qualität des Deutschunterrichts gewährleisten müssten, um damit die kulturelle Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Kamerun zu untermauern. Frau Tchuinang Nadège sprach im Namen des Vereins „Edu-Nec“ und lobte die Anstrengungen des Goethe-Instituts Kamerun bei der Unterstützung des Deutschunterrichts und bei der Fort- und Weiterbildung von Lehrern in Inland und Ausland.
beim Surfen im Internet
Während der Cocktailsreflexion wurden einige didaktische Webseiten im Internet erprobt, bewertet und justiert. Jede(r) Teilnehmer(in) musste mit seinem (ihrem) Laptop online surfen und so verschiedene interessante Übungen finden, die mit Schülern beim Unterricht bearbeitet und behandelt werden können. Das nennt man online computerunterstützten Unterricht, der heutzutage überall auf der ganzen Welt als vorbildlich gilt.
Das Abendprogramm begann mit der Begrüßung durch den Leiter des Goethe-Instituts Jaunde Herrn Eberhard Weller und den Botschafter der Bundesrepublik Deutschland, seiner Exzellenz Holger MAHNICKE. In einer eindrucksvollen Ansprache von etwa 15 Minuten rief der Botschafter seine berufliche Laufbahn in Erinnerung, die er als Lehrer in Hamburg begann, bevor er sich für den diplomatischen Dienst im Auswärtigen Amt entschied. Als Pädagoge ermahnte er alle Deutschlehrer, die Schüler sorgfältig mit der deutschen Kultur vertraut zu machen.
William Chantcho
Der Workshop schloss mit dem Büffet und einer musikalischen Live-Show.
Es ist zu wünschen, dass die zuständigen Verwaltungen ihre jeweiligen Schulen mit Internet versorgen, damit die Kollegen ihren Unterricht reibungslos durchführen können.


William CHANTCHO, DaF- Lehrer in Douala - Kamerun  

Mittwoch, 29. Juli 2015

Die "grünen" Wurzeln Afrikas

Die grünen Wurzeln Afrikas, Frankfurter Rundschau, 27.5.2015

 Von 

Wer es zum ersten Mal sieht, traut seinen Augen nicht. „Nach sechsstündiger Fahrt durch trostloses Gelände tut sich vor uns plötzlich ein grünes Paradies auf“, schwärmt Silvia Holten von World Vision: „Statt der allgegenwärtigen kargen Hügel bedeckt nun dichter Wald die sanfte Landschaft.“ Die Sprecherin der Hilfsorganisation ist in Humbo im äthiopischen Hochland angekommen: Ein Ort, der jahrzehntelang Lebensmittel von außen brauchte. Heute gehen die Überschüsse von Humbo ans Welternährungsprogramm der UN: Was, um Gottes Willen, ist geschehen? [...]
In Nigers trostloser Sahelzone hatte der australische Agrarexperte Tony Rinaudo herausgefunden, dass selbst übelst verwüstete Regionen von einem endlosen Geflecht an Wurzeln durchzogen werden: „Ein unterirdischer Wald“, so der World-Vision-Mann. Werden die aus dem Wurzelwerk wachsenden Sprösslinge in Ruhe gelassen und nicht von Tieren gefressen, abgebrannt oder abgehakt, wachsen bald wieder Bäumchen – die dann nicht nur Schatten spenden und so die Feuchtigkeit im Boden halten. Sie bremsen auch die Erosion und düngen die Umgebung.
Die „regenerative Wiederaufforstungsmethode“ wird bereits in mehr als 20 Staaten angewandt, rund 20 Millionen Hektar Land wurden wieder begrünt. Die Bauern würden hier bis zu dreifach größere Ernten einfahren, sagt Holten: „Ich bin mir sicher, dass mit dieser Methode das Hungerproblem der Welt gelöst werden kann.“ [...]

Vergleiche: Der Mann, der die Wüste aufhielt 

Freitag, 22. Mai 2015

Wo sollte ausgestellt werden? In Berlin oder in Kamerun?

In "Humboldt-Forum", einem Magazin der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, berichten die italienische Ethnologin Paola Ivanov und der US-Amerikaner Jonathan Fine in einem Interview  (S.22-24)darüber, wie sie die Ausstellung zu Afrika, wie sie ab 2019 im Humboldt Forum zu sehen sein wird, planen. (PI = Paola Ivanov; JF = Jonathan Fine) 

Paola Ivanov: Wir erzählen gleich die richtige Ge­schichte! Europa ist einfach nebensächlich. Wir blicken von Afrika aus. Ein Beispiel dieser Verflechtungen ist der In­dische Ozean als frühe globalisierte Welt, die auch die Küste Ostafrikas einschloss. Die Anrainer des Indischen Ozeans bilde­ten schon ab etwa 900/1000 n. Chr. ein Austauschnetzwerk von Ideen, Menschen und Gütern. Da verfolge ich dezidiert ei­nen südlichen Blick. Die Europäer sind die Eindringlinge, die Fremden. Der Han­del erfolgte weitgehend friedlich - und dann kamen die Portugiesen mit Waffen.

Haben Sie für diesen südlichen Blick auch mit anderen Kuratoren zusam­mengearbeitet?
pl Was den Indischen Ozean angeht, hat sich die Forschung ab den 1980er-Jahren entwickelt. Und das war nie eine eurozentrische Forschung. Einer ihrer Begrün­der, AbdulSheriff, mit dem ich mich viel ausgetauscht habe, kommt zum Beispiel aus Sansibar.

Sie stellen auch den prächtigen Perlen­thron des Herrschers von Bamum aus. Was kann man von diesem Objekt über das Verhältnis zu den deutschen Kolonialbesatzern erfahren? 
Jonathan Fine: Der Thron wurde von dem Vater des Bamum-Königs Njoya hergestellt, um Macht und Reichtum des Königreichs zu zeigen. Als die Deutschen dann kamen... 
... die Kamerun von 1884 bis 1918 be­setzt haben ...
JF... wurden sie von den Bamum-Leuten als Bedrohung wahrgenommen. Die Deutschen wollten den Thron haben. Der König hat verhandelt, und dann hat er ihn den Deutschen tatsächlich geschenkt. Aber so ein Geschenk ist nie etwas, was man nur aus reiner Freude macht... 
pl... sondern eine Gabe, die verpflichtet. Sagt Marcel Mauss.
JF Dieser Thron ist eine Gabe in diesem Sinne gewesen. Der König wollte eine politische Allianz mit Deutschland ein­gehen. Er wollte sich vielleicht dem Deut­schen Reich wie einem Fürstenbund 
an­schließen. Aber die Deutschen haben die Verpflichtung nicht verstanden - oder sie nicht verstehen wollen.
Sie haben Njoya ein empfindliches Musikinstrument* geschenkt, das schnell kaputtgegangen ist. Der König war tief enttäuscht. 
pl Da sieht man die Arroganz der Europä­er! Gaben tauscht man auf gleicher Ebene aus. Kaiser Wilhelm II. hat den Regenten von Bamum aber nicht als gleichberech­tigt anerkannt. Das war ja ein Novum, dass völlig verrückte Europäer kamen und sagten: Alles gehört uns, das Land, die Wälder, die Ressourcen - alles.
Wie gehen Sie generell mit dem Thema Kolonialismus um? Mit dem Maji-Maji-Krieg, bei dem sich eine breite Allianz in Deutsch-Ostafrika gegen die repressive Besatzung erhob? Oder mit dem Kolonialkrieg zwischen den deutschen Truppen und den Völkern der Herero und Nama in Deutsch-Südwestafrika, der als Massenmord endete?
pl Ein Schwerpunkt ist die gläserne Stu­diensammlung, in der die Sammlungs­geschichte thematisiert wird. Wir haben in der Afrika-Sammlung des Museums etwa 75.000 Objekte. Zwei Drittel davon kamen während der Kolonialzeit, nicht nur aus den deutschen Kolonien übrigens. Wir zeigen, wie die Sammlung im Zuge der Kolonialeroberung entstanden ist. Andererseits zeigen wir auch, was alles nicht gesammelt wurde: Europäische Kleidung oder aus Indien importierte Stoffe zum Beispiel, die in Afrika schon lange und verstärkt im 19. Jahrhundert verwendet wurden. Stattdessen haben die
Sammler nach Baststoffen gesucht, weil die angeblich traditioneller waren. Nur hat damals niemand mehr Bast getragen! Es wurde also nicht die Wirklichkeit Af­rikas gesammelt, sondern nur eine 
eu­ropäische Vorstellung von Afrika. Aber natürlich zeigen wir auch die militärische Gewalt und die brutale Unterdrückung.
JFDer Kolonialismus wird in jedem Mo­dul thematisiert. Wir wollen nichts ver­tuschen oder verharmlosen. 
Pl Benin zum Beispiel: Alle sehr schönen, sehr wertvollen Bronzen kamen im Zuge der Zerstörung der Hauptstadt Benins durch die britischen Truppen nach Euro­pa. Wie die Bronzen dann in Berlin gelan­det sind - das wird in der von Peter Junge kuratierten Ausstellung auch erzählt.
Fordert der König von Benin nun diese Bronzereliefs zurück? 
pI Es gab 2007/8 eine große internationa­le Ausstellung zu Benin, und im Katalog dazu hatte der König von Benin in einem Beitrag geschrieben, dass er einige Ob­jekte gern zurückhaben würde. Aber es gab keine offizielle Rückforderung. Auch der nigerianische Staat hat keine gestellt.
Der juristische Aspekt ist das eine: Wurde etwas rechtmäßig erworben, wurde es gestohlen? Aber daneben existiert eine große moralische Grau­zone: Waren die Besatzungsumstände, unter denen das Objekt erworben wurde, vielleicht so, dass sie zu einer Rückgabe verpflichten?
JF Wir recherchieren in all diesen Fällen die Umstände, und die Perspektiven der beteiligten Personen und Institutionen fließen in die Entscheidung mit ein. 
Ich möchte den Blick noch einmal auf die Kritik am Humboldt-Forum richten: Objekte, die größtenteils während der Kolonialzeit nach Berlin gelangten und nun in einem 
wiederauf­gebauten Schloss präsentiert werden - das halten einige für eine neokolo­niale Geste. Diese Kritiker sehen das Humboldt-Forum quasi als eine Art Superzeichen der Restauration. Kön­nen Sie dieses Urteil nachvollziehen? 
JF Eine solche Einschätzung beruht mei­ner Meinung nach auf einem Missver­ständnis. Es gibt tatsächlich Museen, die Objekte aus der Kolonialzeit un­kritisch präsentieren, sodass sich auf gewisse Weise der kolonialistische Blick bis heute fortsetzt - genau das wollen und werden wir nicht tun. Und zu sa­gen, alles soll geräumt und zurückge­geben werden, ist auch keine Lösung. Denn das hieße, die Geschichte wegzu­wischen. Für mich wäre dieses Wegwi­schen eine sehr gefährliche Geste. Wir wollen stattdessen die Chance für eine kritische und auch selbstkritische Aus­stellung nutzen.
Pl Uns ist wichtig, dass die Sammlungen in die Stadtmitte kommen, wo sie eine breitere Rezeption erfahren können, die ihrem sehr, sehr hohen Wert entspricht. Was die Provenienz angeht: Wir 
erfor­schen die Herkunft aller Objekte, die im Humboldt-Forum ausgestellt werden. Das ist manchmal sehr schwierig, aber es wird nichts verschleiert. Wir wollen einen Perspektivenwechsel betreiben, weg von der eurozentrischen Perspek­tive. Nun, falls einige das Schloss noch mit der alten Vorstellung vom Westen und den „anderen", von the west and the rest verbinden, dann dekonstruieren wir diese Vorstellung. Wir hoffen, dieses Bild auflösen zu können, um stattdessen die Vorstellung von einer einzigen Welt wiederherzustellen. Denn das ist, worum es uns geht."

Dazu auch:
KOLONIALISMUS:Wem gehören die Masken?  ZEIT online, 6.6.15
"Das Ethnologische Museum in Berlin, eines der kostbarsten seiner Art, verdankt seinen Bestand in weiten Teilen der kolonialen Gier. Nun soll die Sammlung ins neu erbaute Stadtschloss umziehen. Viele sind darüber alarmiert, und die Frage nach altem Unrecht stellt sich neu."

*Die Wikipedia spricht von einer Kürassieruniform.

Links und Hervorhebungen in den Antworten stammen von Walter Böhme)

Samstag, 18. April 2015

Cultural and Museum Centre Karonga (CMCK), Malawi - ein Beispiel für internationale kulturelle Zusammenarbeit

Friedemann Schrenk hat bei Karonga wertvolle "missing links" zur Geschichte des Menschen gefunden. So unterstützte er die Idee aus der dortigen Bevölkerung, ein Kulturelles Zentrum einzurichten, das Cultural and Museum Centre Karonga.

"Angefangen hat das Projekt als Idee in den Köpfen von Oliver Mwenifumbo, Lawrence Mwamlima und Archibald Mwakasungula. Sie hatten sich vorgenommen, Karonga, ihrer Heimatstadt, 45 Kilometer von der Tansanischen und 110 Kilometer von der Sambischen Grenze entfernt, wieder neue Bedeutung zu verschaffen. Denn die Peripherie des kleinen Südostafrikanischen Staates war nach dem Beginn der Missionierung um 1890 in Vergessenheit geraten."  (Cultural and Museum Centre Karonga)
Mehr über das Zentrum

Mittwoch, 1. April 2015

Rettung der Manuskripte aus Timbuktu in bisher 6 Episoden

Anhand des einschlägigen Wikipediaartkels kurz etwas zur Vorgeschichte:

Das IHERI-AB (Institut des hautes études et de recherches islamiques Ahmed Baba) ist ein islamisches Forschungszentrum und eine Bibliothek in der Republik Mali mit Sitz in der Oasenstadt TimbuktuAm 28. Januar 2013 als französische Truppen den Flughafen von Timbuktu eroberten, legten die flüchtenden islamistischen Rebellen ein Feuer in der Bibliothek.[2] Mit der Digitalisierung der Handschriften, unterstützt durch die UNESCO, wurde erst einige Tage zuvor begonnen. Wie viele Dokumente in den drei Wochen bereits gescannt worden waren ist unbekannt, genauso wie der Zustand der Manuskripte die durch den Brand beschädigt wurden. Anderen Zeitungsberichten zufolge hat die Mehrzahl der Manuskripte in privaten Bibliotheken überlebt. Die Bibliothek des Ahmed-Baba-Zentrums war rechtzeitig weitgehend evakuiert und in Privathaushalten versteckt worden.[3]

Jetzt - noch kürzer - zur gegenwärtigen Situation:
"In einer geheimen und improvisierten Rettungsaktion wurden tausende Manuskripte in Kleiderkisten in die Hauptstadt Bamako überführt. Mitarbeiter des "Centre for the Study of Manuscript Cultures" der Universität Hamburg versuchen nun die Handschriften zu untersuchen und zu konservieren." (L.I.S.A.)

Darüber, wie es seitdem weitergegangen ist, informiert das Wissenschaftsportal der Gerda Henkel Stiftung in bisher sechs Episoden:
Rettung der Manuskripte aus Timbuktu 

Freitag, 27. März 2015

Theodor Michael und seine Verbindung mit Kamerun

Theodor Michael, Beamter des BND, des deutschen Geheimdienstes, und Bruder von James Michael, einem Ritter der französischen Ehrenlegion, schreibt darüber, dass seine Verbindung zu Kamerun sein ganzes Leben bestimmt hat.
Sein Buch heißt: "Deutsch sein und schwarz dazu: Erinnerungen eines Afro-Deutschen".
Denn sein Vater (Theophilus Wonja Michael *1879 in Limbe) kam aus dem deutschen Schutzgebiet Kamerun nach Berlin, er war deutscher Staatsbürger und war doch wegen seiner Hautfarbe großer Diskriminierung ausgesetzt. (Übrigens war er verwandt mit King Bell und Rudolf Duala Manga Bell, der 1914 wegen seines Einsatzes für sein Volk, die Duala, in Douala hingerichtet wurde, vgl. den vorigen Artikel.)
Theodor Wonja Michael wurde wie sein Vater diskriminiert. Seine erste "Berufsrolle" fand er als Zweijähriger, als er zusammen mit seinen Geschwistern in einer der damals beliebten Völkerschauen auftrat.  
Dazu, wie er trotzdem zum Beamten der Bundesrepublik wurde, verrate ich hier nicht mehr, denn ich will ja zur Lektüre des Buches anregen. 
Aber über die hier eingesetzten Links und den im Anhang erfährt man auch schon einiges darüber, wieso er sich einerseits als Deutscher fühlt und andererseits wie Senghor für sich die Négritude seinerseits als Deutscher die Respektierung seiner Afrikanität erwartet. Mehr dazu im Buch.

Schwarz sein und deutsch dazu, ZEIT 23.4.1998

Samstag, 14. März 2015

Rudolf Duala Manga Bell - König und Märtyrer

Ein Beitrag zur Kolonialgeschichte Kameruns

Rudolf Duala Manga Bell, König der Duálá in Kamerun lebte von 1873 bis 1914. Er war Anführer des Widerstandes gegen die Vertreibung der Duálá aus ihren angestammten Wohnplätzen.

Er war der älteste Sohn von König Manga Ndumb'a und Enkel von King Bell, der den „Schutzvertrag“ mit Deutschland unterzeichnet hatte. Er besuchte dort die deutsche Regierungsschule, bevor er 1891 für fünf Jahre als Pflegekind nach Aalen kam. 1897 ging er zurück nach Kamerun, um dort Emily Engome Dayas zu heiraten. 1902 reiste er nach Berlin und traf dort den Direktor der Kolonialabteilung des Auswärtigen Amtes, Oscar Wilhelm Stübel. Von ihm erhielt er Einblicke in die Struktur der deutschen Kolonialverwaltung.
1905 verfasste er gemeinsam mit König Akwa von Bonambela und 26 weiteren kamerunischen Volksoberhäuptern einen offenen Brief an den deutschen Reichstag. In diesem beschwerte man sich u.a. über rechtsbeugende Handlungen durch den Gouverneur Jesko von Puttkamer,  wie z.B. Enteignungen, das Niederreißen von Häusern ohne Genehmigung, Zwangsarbeit ohne Lohn, willkürliche Verhaftungen und übermäßige Strafen, sowie entwürdigende Behandlung von kamerunischen Volksoberhäuptern. Darin hieß es:
„Den Herrn Gouverneur von Puttkamer, dessen Richtern, Bezirksamtmänner, kurz seine ganze Regierungsbesatzung wollen wir nicht mehr hier haben. Sämtliche jetzigen Gouvernementsbeamten des Schutzegebietes Kamerun bitten wir forträumen zu wollen, denn ihre Regierung führen sie nicht gut, sie sind nicht gerechtfertigt, ihre Art und Weise exploitieren das Land. Als Ersatz-Gouverneur bitten wir allerunterthänigst, uns Consulat anstatt Assessorismus senden zu wollen, Assessorismus wollen wir nie wieder haben, diese verderben die Regierung und machen die redliche, gute deutsche Macht zu einer wucherischen und gäunerischen Macht! Also fort mit Assessorismus, zum Ersatze: Consulat! (...) Wir sind deutsch und bleiben deutsch bis an das Ende der Welt.
Mit allerunterthänigstem Gruß an Seine Majestät Kaiser Wilhelm von Deutschland und Kamerun“
Ihr Ruf wurde zwar in Deutschland mit Erstaunen und ungläubiger Anerkennung aufgefasst, jedoch eher belächelt als erhört. Ein Gouverneurswechsel fand erst 1907 statt, als Theodor Seitz seinen Dienst in Buea aufnahm. Als Seitz nach Deutsch-Südwestafrika ging, wurde er durch den erheblich rassistischeren, alldeutsch geprägten Otto Gleim ersetzt.
Unter Gleim wurden Pläne entwickelt, die Duálá von ihrem Wohngebiet am Kamerunfluss ohne entsprechende Entschädigung zu vertreiben, ihre Häuser zugunsten von Faktoreien niederzubrennen und in Douala schwarze und weiße Wohnviertel zu trennen.
Dagegen setzte sich Manga Bell zur Wehr. Er richtete Petitionen an Gouvernement und an den Reichstag, nahm Kontakt zur deutschen Opposition und christlichen Missionen auf und schaltete schließlich sogar einen Berliner Anwalt in dem Fall ein. Die deutsche Presse berichtete dagegen von einem „Hilfsgesuch“ an Frankreich und Großbritannien, das bis heute jedoch nicht belegt ist.

1914 wurde König Manga Bell, der bis zuletzt Deutschland und dem Kaiser treu geblieben und friedlich gegen konkrete Missstände vorgegangen war, wegen „Hochverrates“ zum „Tode durch den Strang“ verurteilt. Er wurde mit seinem Sekretär Ngoso Din am 9. August 1914 in Douala hingerichtet.
Seine letzten Worte waren: „Unschuldiges Blut hängt ihr auf. Umsonst tötet ihr mich. Aber die Folge davon wird die größte sein.“ Sein Volk wurde vom Kamerunfluss vertrieben.
Rudolf Manga Bell wurde zu einer Art Märtyrer und Volksheld. Im Ersten Weltkrieg unterstützten die Duálá die Entente.

Der Text beruht auf dem Wikipediaartikel Rudolf Manga Bell. Er ist aber für die Zwecke dieses Artikels gekürzt und auch sonst geringfügig verändert worden. Walter Böhme

"Manga Bell hat seit Beginn seines Widerstands gegen die Kolonialregierung niemals etwas anderes getan als auf der Einhaltung der Verträge und Gesetze zu bestehen. Er war in Deutschland zur Schule gegangen, hatte Jahre dort verbracht, konnte fließend Deutsch und berief sich in seinen Eingaben stets auf deutsches Recht. "Verträge sind einzuhalten" war sein Mantra. In einer seiner Eingaben erklärte Manga Bell, die Duala gingen davon aus, dass die deutsche Regierung "die Anerkennung der persönlichen Freiheit und der Gleichheit aller Menschen herbeiführe und dann die völlige Emanzipation durch den Staat erfolge: aus Untertanen werden Staatsbürger".
Als Manga Bell das schrieb, saß Heinrich Mann an seinem Roman "Der Untertan". Manga Bell gehört zur deutschen Freiheitsgeschichte." [Hervorhebung: WB]
"Aus Untertanen werden Staatsbürger" Interview mit Christian Bommarius, Frankfurter Rundschau, 14.4.2015, S.34 

Literatur:
Christian Bommarius: Der gute Deutsche - die Ermordung Manga Bells in Kamerun 1914, Berenberg Verlag Frühjahr 2015
Leseprobe (pdf)

Zur Situation nach dem Zweiten Weltkrieg sieh:
Wolfgang Kaleck: Vor wenig mehr als 50 Jahren… ZEIT online, 27.3.15