Donnerstag, 18. Mai 2023

60 Jahre seit Gründung der Organisation für Afrikanische Einheit

 "Die Organisation für Afrikanische Einheit [...] war eine von 1963 bis 2002 bestehende Organisation fast aller afrikanischer Staaten. [...]

Auf der 30. Versammlung ihrer OAU-Regierungsrepräsentanten vom 13. bis 15. Juni 1994 in Tunis schöpften die Vertreter infolge des Endes der Apartheidsära in Südafrika Hoffnung, dass die Organisation nun eine wachsende Wirksamkeit auf dem afrikanischen Kontinent entfalten könne.[5] Südafrika nahm hier erstmals an einer OAU-Sitzung teil und wurde das 53. Mitglied. Das Land setzte sich auf diesem Wege aktiv zu Gunsten eines Vertrages für eine atomwaffenfreie Zone in Afrika (Vertrag von Pelindaba) ein.[6][7]

Mit dem Constitutive Act of the African Union vom 8. September 2000 war das Ende der OAU offiziell besiegelt. Die Sirte-Deklaration der OAU vom 9. September 1999 wies hierzu den Weg. Darin hieß es: „Establish an African Union in conformity with the ultimate objectives of the Charter of our Continental Organisation and the provisions of the Treaty establishing the African Economic Community.“ (deutsch etwa: Einrichtung einer Afrikanischen Union in Verbindung mit den Zielen der Charta unserer kontinentalen Organisation und den Bestimmungen des Vertrags zur Gründung der Afrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft.). Der libysche Staatschef Muammar al-Gaddafi hatte zu diesem 4. Sondergipfel eingeladen, um die Effizienz der Organisation zu verbessern.[6](Organisation für Afrikanische EinheitWikipedia)


"Als Frantz Fanon, der Vordenker der antikolonialen Revolution, im Sommer 1960 durch Westafrika reist, blickt er voller Sorge auf den Kontinent – dabei ist es das große Jahr des Aufbruchs. Nicht weniger als 17 Kolonien südlich der Sahara erlangen 1960 ihre Unabhängigkeit. Doch Fanon sieht nicht Freiheit und Hoffnung. Er sieht nationale Bourgeoisien an der Macht, die Politik betreiben "wie ein Geschäft", die plündern und rauben. Die unzufriedenen Arbeiter, notiert er, "unterliegen einer ebenso erbarmungslosen Unterdrückung wie in den kolonialen Zeiten". [...]

Viele afrikanische Politiker sahen sich an die Peripherie der globalen Ordnung verbannt. "Isolation", schreibt der Hamburger Historiker Michael Pesek, "war das Schreckgespenst, das über manchem afrikanischen Präsidentenpalast hing." Die Regierenden wussten: Allein blieben sie machtlos. "Zu schwach und fragil waren die Staatlichkeit im Inneren und die Position auf den internationalen Bühnen." So begann die Suche nach Alliierten auf dem eigenen Kontinent.
Ghanas Präsident Kwame Nkrumah übernahm auch hier die Führung: Um 1960 wechselte er die Tonlage – vom Bass der nationalen Befreiung zu einem antiimperialistischen Tenor. Die vielen neuen Unabhängigkeitserklärungen boten in seinen Augen die Chance einer panafrikanischen Revolution. Nkrumah träumte von einer radikalen Umgestaltung des Kontinents, ja der globalen Nachkriegsordnung. 
 Mit seinem Führungsanspruch stieß er allerdings auch auf Widerstand – etwa des großen und bevölkerungsreichen Nigeria und vieler frankophoner Staaten. Streitpunkt Nummer eins war die Frage, wie weit sich Afrika von der europäischen Herrschaft lösen solle. So unterstützten etwa nicht alle den algerischen Befreiungskampf: Die Staaten, die auf französische Wirtschaftshilfe hofften, wollten sich lieber nicht mit dem mächtigen Patron in Paris anlegen. [...]
Die Republik Kongo war am 30. Juni 1960 von Belgien unabhängig geworden. Weniger als zwei Wochen später spaltete sich das Land: Die an Bodenschätzen reiche Provinz Katanga erklärte unter Moïse Tschombé ihre Eigenständigkeit – unterstützt von der früheren belgischen Kolonialmacht. [...] *
Afrika zerfiel infolge der Kongo-Krise in eine Vielzahl politischer Lager. Einige Länder standen fest aufseiten des Westens, Kenia und die Elfenbeinküste etwa. Andere, wie Guinea, lehnten sich an die Sowjetunion an. Wieder andere versuchten, sich alle Optionen offenzuhalten, und orientierten sich mal so, mal so, oder strebten, wie Julius Nyerere in Tansania, eine unabhängige, blockfreie Position an.
Diese ideologische Spaltung sei ein Hindernis für die Entwicklung des ganzen Kontinents, sie öffne dem Kalten Krieg Tür und Tor, klagten alsbald Politiker wie Félix Houphouët-Boigny (Elfenbeinküste) und Modibo Keïta (Mali), die zuvor noch heftig zerstritten waren. Ihre Aufrufe ebneten den Weg zur Gründung der Organisation für Afrikanische Einheit. Vor 60 Jahren, am 25. Mai 1963, begann in Addis Abeba die Gründungskonferenz. [...]
Wie auf dem Aufbruch von 1960 lasteten auf dem von 1963 schwere Hypotheken. Westlichen Beobachtern galt die in Addis Abeba tagende Organisation bald als bloßer "Diktatorenclub", der nicht in der Lage sei, Afrikas Probleme anzugehen. [...]
2002 wurde, maßgeblich auf Betreiben des libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi, die Afrikanische Union (AU) als Nachfolgerin der OAU ins Leben gerufen. Sie soll, neben der Wahrung des Friedens, Afrika vor allem wirtschaftlich voranbringen. [...]
60 Jahre nach der Gründung der Organisation for African Unity sind die Fliehkräfte, die auf den Kontinent einwirken, so stark wie lange nicht. China und Russland bauen ihren Einfluss aus, und auch Europa hat erkannt, wie wichtig Afrikas Zukunft ist. [...]"
(Andreas EckertSie hatten einen Traum, ZEIT Nr.21 17.5.23, S.17)

* mehr dazu sieh: Rede des Lumumba 

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