"[...] Es ist jetzt neonlila und neongrün in Douala, Kamerun, die Straßenbars schimmern verwegen, und wer sich herumtreibt, kauft nicht ein, sondern tritt in die Nacht hinüber, ins Tosen und Trinken, während wir auf der Suche nach einer bestimmten Hütte in der endlosen Reihe der einstöckigen Behausungen sind.
Wie alle ist diese vorne offen, kleiner als eine Garage. Sie sieht aus wie eine klitzekleine, unbeleuchtete Koje auf einer Messe für seltsame Dinge. Wir werden erwartet. Kurz fällt die Begrüßung aus, denn der Künstler will endlich anschalten. Es ist Zeit – und was uns dann entgegenschlägt, ist mit dem Wort "Lichtinstallation" nur notdürftig umrissen. Es ist das Gleißen, die Gegen-Nacht, es lodert, strahlt und flimmert, rotiert, nickt und knickt, ein kinetischer Schrein, wenngleich kein religiöser, etwas nachdrücklich und vollkommen Nutz- und Bedeutungsloses, es ist die reine Energie des Ortes.
Um diese Kunst zu betrachten, fuhr ich in eine Stadt, wo ich Arme und Chancenlose zu sehen bekam, Kinder, die in schmutzigen Tümpeln spielten, viele Kranke. Im Viertel war der Künstler ein bekannter Mann; wochenlang schraubte er mit den Jungs aus den Straßen an diesem Ding herum. Keiner hatte ihn dazu aufgefordert, und niemand förderte sein Projekt. Er hörte sich dumme Fragen an, jetzt kassierte er Schulterklopfen. Er sagte, es spiele keine Rolle, wie er heißt, er wollte ungenannt bleiben. Alle hier hätten Teil an seiner Kunst, die sei nicht sein Eigentum. [...]
Von Thomas E. Schmidt DIE ZEIT, d. 29. Juli 2022
Ein wichtiger Unterschied ist gewiss der zwischen Repräsentationskunst für den Staat und Kunst zur Unterhaltung, Abwechslung und Entspannung für die Bevölkerung.
Am deutlichsten war das bei Architektur für den Fürsten und Musik bei populären Veranstaltungen. Aber auch bildende Kunst zu Millionenpreisen, die als Geldanlage und zugleich als Repräsentation für Banken und andere Superreiche dienen kann, wird man dazu rechnen im Unterschied zum Volksschauspiel, dem Kasperletheater für die Erwachsenen.
Fraglich ist allerdings, ob das als Argument gegen Rückgabe von traditioneller Kunst dienen kann. Bevor ich mehr dazu sagen kann, lasse ich es offen.
Walter Böhme
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen