Man kann lernen, was früher passiert ist, man kann Geschichtszahlen lernen und man kann lernen, dass die meisten politischen Verhältnisse gar nicht so dauerhaft sind, wie sie es zu sein scheinen.
Oft bereitet sich ein Wechsel schon lange vorher vor und kommt dann in kurzer Zeit zum Vorschein.
Der arabische Frühling war ein Beispiel dafür, wie schnell das gehen kann. Bis nach dem Umbruch wieder stabile Verhältnisse entstehen, dauert es freilich meist deutlich länger.
Wenn die Verhältnisse sich wieder stabilisiert haben, vergisst man dann freilich meist, dass es überhaupt einmal anders war. Damit das nicht dauerhaft passiert, müssen wir uns mit der Geschichte beschäftigen.
Meist aber meinen wir aber mit der Frage, ob man aus der Geschichte etwas lernen kann, etwas anderes. Meist geht es uns nämlich um die Frage, ob man aus den Fehlern, die früher in der Geschichte gemacht worden sind, etwas lernen kann.
Da heißt die Antwort dann meist: Nein.
Dabei gibt es ungezählte Beispiele dafür, wie aus der Geschichte gelernt worden ist: Man hat gelernt, dass Sklaverei und Apartheid der Menschenwürde widersprechen und hat beide abgeschafft. Wenn sie trotzdem noch vorkommen, so ist doch jeder, der sie praktiziert, der öffentlichen Ablehnung ausgesetzt.
Man hat auch gelernt, dass das Abholzen der Wälder in Griechenland, Italien und Spanien, die alle einmal Raubbau mit ihren Wäldern getrieben haben, dazu führt, dass ganze Landstriche austrocknen und so der landwirtschaftliche Ertrag enorm sinkt. Deshalb ist die moderne Forstwirtschaft entwickelt worden, wonach immer nur so viel abgeholzt werden darf, wie auch nachwachsen kann.
Leider aber hat man nicht alles gelernt, was man daraus hätte lernen können.
Die Menschheit lässt weiter zu, dass Wälder unverantwortlich abgeholzt werden. Nur sind es jetzt vor allem die Regenwälder in den Tropen. Sie lässt weiter zu, dass mehr Rohstoffe verbraucht werden als nachwachsen (bei Erdöl, Kohle und auch bei Uran).
Die Menschen lernen zwar aus der Geschichte, aber immer nur sehr wenig. Und vor den meisten neuen Problemen stehen sie genauso unvorbereitet wie vor den alten und machen prinzipiell dieselben Fehler: Sie denken, sie hätten alles verstanden und könnten deshalb die Natur dauerhaft beherrschen. Sie glauben, sie könnten sich alles leisten, was sie wollen, weil sie das früher ja auch schon so gemacht haben. Sie sind übermütig, gierig, egoistisch. Das sind typisch menschliche Verhaltensweisen. Es hat zwar immer auch Menschen gegeben, die vernünftiger waren, aber meist waren sie eine kleine Minderheit.
Weshalb fällt es so schwer, aus der Geschichte zu lernen?
Wir sehen einen Fehler und denken, den mache ich nicht und fühlen uns besser als alle, die ihn damals gemacht haben. Dass die Welt sich aber so schnell ändert, dass immer neue Fehlermöglichkeiten eintreten, das übersehen wir gerne.
Mancher fühlt sich besser als die Menschen, die die Demokratie in Europa und in in einer Reihe von Staaten Afrikas aufgebaut haben, weil sie vorher so manches falsch gemacht haben.
Wir sollten damit aber vorsichtig sein: Die Fehler, die wir begehen werden, stehen noch nicht im Geschichtsbuch. Aus unseren Fehlern lernen wir erst, wenn wir sie gemacht haben, und auch das nur, wenn wir von denen lernen, die vor uns aus ihren Fehlern gelernt haben.
Wenn man jetzt vielleicht wissen will, was dieser Eintrag mit Autorität, Scham und Personen, die als Jugendliche in der NSDAP waren, zu tun hat, kann man diesen Eintrag lesen.
Walter Böhme