China und Afrika: Der Westen liefert nur noch die Logos faz.net 30.7.2017
"Wie kann der Westen damit klarkommen, bei einer der machtvollsten geopolitischen Beziehungen der Gegenwart keine Rolle mehr zu spielen?"
[---] „China ist überall in der Welt“, sagt eine Übersetzerin, eine Lehrerin meint: „Sie sind sehr gut in allem, was sie tun, sie versorgen uns mit Jobs“, und ein Arzt findet sogar: „Man ist privilegiert, Teil dieses Prozesses zu sein.“ Solche Meinungen scheinen einigermaßen repräsentativ zu sein: Eine aktuelle Untersuchung von „Afrobarometer“ fand heraus, dass 63 Prozent der Afrikaner den chinesischen Einfluss für positiv halten. Doch die Auskünfte lassen zugleich erkennen, dass offenbar kaum jemand eine spezifische Erfahrung mit den Menschen vom anderen Kontinent gemacht hat. Zwei Millionen Chinesen leben mittlerweile in Afrika, zehntausend chinesische Firmen sind dort tätig (neunzig Prozent davon privat), zwischen hunderttausend und fünfhunderttausend wird die Zahl der in China lebenden Afrikaner geschätzt – und doch scheint das Verhältnis nach wie vor von viel Unkenntnis und Fremdheit geprägt zu sein. Mit ideologischen Fragen im engeren Sinn, wie sie etwa die Zusammenarbeit Chinas mit Potentaten oder seine Politschulungen für afrikanische Funktionäre aufwerfen, beschäftigt sich die Ausstellung ausdrücklich nicht. Doch die weithin verbliebene Fremdheit wird da durch den unbekümmerten Rassismus dokumentiert, der aus einer chinesischen Waschmittelwerbung sprach (eine junge Chinesin stürzt einen Afrikaner kopfüber in eine Waschmaschine, und heraus kommt glücklich ein Chinese). Und van Staden berichtet in einem Magazin des Johannesburger Workshops, dass es Gerüchte, China exportiere Menschenfleisch in Dosen, bis in afrikanische Zeitungen gebracht hätten; China sei für Afrika weiter der „große Unbekannte“. [...]"
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Sonntag, 30. Juli 2017
Samstag, 29. Juli 2017
Meja Mwangi: Warten auf Tusker
Der Ort Kambi in Kenya braucht vorrangig einen neuen katholischen Pfarrer, nachdem der alte mit der Gemeindekasse, dem Dienstauto und einer jungen Kirchgängerin unbekannt verzogen ist. Kambi braucht zudem eine Wasserleitung; das meint jedenfalls der Bischof, der dafür Arbeitskräfte zum Ausheben der Gräben mobilisieren will.
Vor allem aber braucht Kambi, und das schnellstens, Tusker – jenes Bier, das seit 1922 in Kenya gebraut und in großen Mengen konsumiert wird und dessen Lieferung ausgerechnet kurz vor Weihnachten ausbleibt. Weihnachten ohne Tusker ist schlicht unvorstellbar für die Männer, denen dagegen die Wasserleitung weit weniger dringlich erscheint. Schließlich haben sie Frauen, deren Aufgabe es ist, jederzeit frisches Wasser herbeizutragen.
Messwein macht fromm
Padre Pietro, ganz gegen seinen Willen aus Rom eingeflogen, kämpft sich durch unsägliche Widrigkeiten mithilfe von Savio, der – in Erwartung eines ihm niemals zugesagten Lohns – als Koch, Hausdiener und Katechist fungiert. Er las sogar die Messe für drei Witwen, die in der priesterlosen Zeit auf ihren Kirchgang nicht verzichten wollten. Gelegentlich bekommt Padre Pietro hilfreichen Rat von der «Viererbande», vier alten Herren, die das Dorf im Griff haben und denen der fremde Mann, der nicht einmal eine Frau hat, leidtut. Er muss sich auch gegenüber der protestantischen Mehrheit in Kambi profilieren.
Da kommt ihm zugute, dass im Keller der verwahrlosten Kirche große Mengen von Messwein lagern, der nun von Savio großzügig ausgeschenkt wird. So finden die vom Tusker-Engpass betroffenen Kambianer den Weg zur Kirche. Der italienische Pater sieht sich in ein afrikanisches Dorf integriert, das sämtlichen Klischees entspricht: Da gibt es den Dorftrottel, den protzenden Villenbesitzer mit Mercedes, den Chief, der droht, die Ingenieure zu erschießen, sollte die Wasserleitung so weit von seinem Haus entfernt verlaufen, dass es seinem Prestige Abbruch täte. Und es gibt die stets arbeitenden Frauen, die mit allen Tricks, aber mit wenig Erfolg versuchen, ihre Männer vom Saufen abzuhalten.
Erfolgreich
Meja Mwangi, der neben Ngugi wa Thiong'o bekannteste Autor Kenyas, greift einmal mehr genau die Punkte auf, die so manchen Entwicklungshelfer zur Verzweiflung bringen, und verwandelt sie in ein komödiantisches Panorama mit ernstem Hintergrund. Er legt den Finger in so ziemlich jede afrikanische Wunde. So griff er mit dem Roman «Die achte Plage» (1997) als einer der ersten afrikanischen Autoren das Thema Aids auf. Sein umfangreiches Werk, zu dem auch Theaterstücke und Filme gehören, ist zum großen Teil auf Deutsch übersetzt. Schon mit seinem ersten Roman war er 1973 so erfolgreich, dass er seither als freier Schriftsteller leben kann. Der Titel dieses Romans ist «Kill Me Quick», die umgangssprachliche Bezeichnung für einen offenbar lebensverkürzenden Hirseschnaps.
So gefährlich ist Tusker nicht. Es darf verraten werden, dass es gegen Ende des Romans – allerdings erst nach Weihnachten – geliefert wird und dass der Lieferant sogar ein Jobangebot für einen ehemaligen Kumpel mitbringt. Der aber, obwohl schon lange auf der Suche, bittet sich neben Bedenkzeit auch zwei Kisten Tusker als Entscheidungshilfe aus. Pater Pietro dagegen hat nichts zu entscheiden. Er wird weiter auf die ihm vom Bischof in Aussicht gestellte Ablösung warten.
Meja Mwangi: Warten auf Tusker. Aus dem Englischen von Jutta Himmelreich. Peter-Hammer-Verlag, Wuppertal 2017. 360 S., Fr. 35.90.
Almut Seiler-Dietrich
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Mittwoch, 26. Juli 2017
Ist die europäische Weltsicht seit 500 Jahren durch den Kolonialismus verzerrt?
„Willkommen in Zhengistan, ÄthiopierInnen!“
So begrüßt der Politikwissenschaftler Aram Ziai das Publikum bei seiner Antrittsvorlesung.
Dann geht es dort weiter:
"Lassen Sie uns einige Jahrhunderte zurückgehen, ins Zeitalter, in dem Kontinente „entdeckt“ wurden, ins 15. Jahrhundert. Überliefert sind folgende Worte des großen Admirals, der über seine Entdeckungsfahrten berichtet: „Wir haben mehr als 50.000 Seemeilen des gewaltigen Ozeans befahren … und haben unseren Blick auf weit entfernte barbarische Gegenden geworfen.“ (zit. nach Baron 2005). Es handelt sich um den führenden Seefahrer und Entdecker der damals größten und technisch fortgeschrittensten Flotte. Sein Name ist Zheng He. Obwohl er hierzulande weitestgehend unbekannt ist, sind seine Reisen durchaus vergleichbar mit denen von Vasco da Gama oder Christoph Kolumbus. [...]
Was wäre geschehen, wenn er den asiatischen Kontinent in der entgegengesetzten Richtung umrundet hätte? Und eine dieser barbarischen Gegenden die Heimat meiner Mutter gewesen wäre, das heutige Deutschland? Folgen wir der historischen Fiktion noch ein Stück weiter: was, wenn er aus unerklärlichen Gründen auf den Gedanken verfallen wäre, der von ihm „entdeckte“ Westzipfel Asiens sei ein eigener Kontinent? Und wenn dieser Kontinent nach ihm als seinem „Entdecker“ benannt worden wäre? Nehmen wir weiter an, Zheng He wäre dem Irrtum erlegen, die von ihm „entdeckte“ Region sei eigentlich Hinter-Äthiopien und die dort lebende Bevölkerung würde infolge dieses Irrtums fortan entsprechend bezeichnet – wir lebten heute als ÄthiopierInnen in Zhengistan. [...]"
Der vollständige Text ist hier zu finden:
www.uni-kassel.de/fb05/fileadm in/datas/fb05/FG_Politikwissen schaften/Entwicklungspolitik/A ntrittsvorlesung_Aram_Ziai.pdf
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