Donnerstag, 16. April 2020

Coronakrise in Afrika

Afrika ist differenziert zu betrachten, die Situation in den einzelnen Staaten unterscheidet sich stark.
Dennoch fällt auf: Die Ebola-Epidemie hat Afrikas Staaten vorgewarnt. Sie gehen die Krise energischer an als Europa und die USA. 
Doch ohne soziale Unterstützungsmaßnahmen für die Armen könnte der Kampf gegen die Epidemie mehr Opfer kosten als die Epidemie.
Da das Geld fehlt, ist die Solidarität aus allen anderen Erdteilen gefragt.
"[...] Die Pandemie wird den globalen Süden und damit auch Afrika ohne Zweifel ungleich härter treffen als China, Europa oder die Vereinigten Staaten. Womöglich weniger durch das Virus selbst als durch seine Bekämpfung: Die Folgen der weltweiten Schockstarre bedrohen die Ärmsten mehr als alle anderen – ihr Einkommen ist plötzlich weg, Impfkampagnen werden angehalten, Hilfsflüge eingestellt.
 Doch bevor man die 54 Staaten des Nachbarkontinents wieder einmal zu einer apokalyptischen Suppe verrührt, die der Westen dann noch mit auslöffeln muss, sollte man den Blick schärfen: Das Klischee vom ewig hilflosen Süden war immer schon ein Trugbild. Erst recht ist das so in der Corona-Krise, in der sich Afrika und Europa nicht fremder, sondern ähnlicher werden. [...]
Aber gerade weil Afrikas politische Eliten relativ früh drastische Maßnahmen gegen die Verbreitung des Virus verhängt und damit den täglichen Überlebenskampf der Ärmeren unterbunden haben, stehen sie jetzt vor einem ebenso drastischen Legitimationsproblem: Ihre junge Bevölkerung rebelliert vielerorts ohnehin schon gegen Misswirtschaft und Ungleichheit. Jetzt müssen die Herrschenden die enormen sozialen und ökonomischen Folgen der Corona-Maßnahmen wenigstens ansatzweise mildern. Mit Tränengas und Schlagstöcken, die in Nairobi und in anderen afrikanischen Städten schon exzessiv eingesetzt worden sind, lassen sich Lockdowns auf Dauer nicht durchsetzen. Und Regierungsmacht bewahren kann man so am Ende auch nicht.
Forderungen wie die von Otieno nach einer allgemeinen, kostenlosen Krankenversicherung klingen dabei gar nicht mehr so utopisch wie noch vor einigen Jahren. Afrikas Gesundheitssysteme sind unter den Spardiktaten des Internationalen Währungsfonds (IWF) zusammengestrichen und privatisiert worden. Dass nun westliche Staats- und Regierungschefs wie Emmanuel Macron oder Pedro Sánchez von kostenloser Gesundheitsversorgung für alle und Verstaatlichung privater Krankenhäuser reden, ist eine Zeitenwende, die man auch in Afrika mitbekommen hat.
Nur geht das dort eben nicht ohne internationale Hilfe. Die ärmeren Länder des Kontinents stehen vor gewaltigen Schuldenbergen, auch die wohlhabenderen können aus eigener Kraft keine großen medizinischen oder sozialen Schutzschirme aufspannen. [...]"
(Andrea Böhm: Corona in Afrika: Das Ebola der Reichen Die ZEIT 15.4.20)

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