Dienstag, 1. Juni 2010

EIN DEUTSCHLEHRER MIT DEM FAHRRAD


Schüler haben so etwas noch nicht gesehen, ein Lehrer, der täglich mit dem Fahrrad in die Schule fährt. Hier im nördlichen Teil des Landes sind die mit Zweirädern fahrenden Leute König. Bis jetzt war das Fahrrad ein Transportmittel für Schüler und einfache Leute mit unsicheren Einkommensmöglichkeiten. Seit letztem Jahr komme ich als radfahrender Lehrer mit ins Spiel. Ein Gymnasiallehrer mit einem Fahrrad!
Am Anfang war es den Kollegen schwer zu verstehen, dass ich mit dem Fahrrad in die Schule kommen kann. Sie hatten Recht, denn es gibt einen Parkplatz nur für Lehrkräfte mit Autos oder Motorrädern, aber keinen für Lehrer mit Fahrrädern. Eine Kollegin meinte, es sei nicht pädagogisch, sich mit solch einem Fahrzeug nicht von den Schülern zu unterscheiden. Das führe zu einem Mangel an Autorität den Lernenden gegenüber. Den Schülern kam es am Anfang komisch vor, mit ihrem Lehrer in einer langsamen und mühsamen Fortbewegungsart unterwegs zu sein. Sie waren es gewohnt, Lehrer bzw. Beamte der Oberschicht mit Geländewagen oder klimatisierten Dienstwagen, wie sie ihnen aufgrund ihres Gehalt zukämen, zu sehen.

Radfahren ist eine Lifestyle-Kultur rund um die Pedale. Ich kenne die deutsche Kultur seit langem gut und ahme gerne nach, was ich positiv daran finde. 80% der deutschen Haushalte besitzen Fahrräder. In einigen deutschen Städten wie Münster gibt es doppelt so viele Fahrräder wie Einwohner. Besonders interessant in Deutschland sind die Radfahrwege, die die Spazierfahrt angenehmer machen.
Bein uns wird die Luft ständig von alten importierten Autos verschmutzt. Der Preis des Benzins wird immer teurer. Die Leute werden immer durch Mangel an Bewegung körperlich träge und krank. Also los mit dem Fahrrad! Es ist umweltfreundlich, gesünder, preiswert und leicht.
Der Klimawandel wird heute mehr thematisiert denn je. Ökologische Verkehrsmittel sollten auch bei uns eingeführt werden.
„Das heißt Global denken - lokal handeln“. Wir Erzieher sollten mit gutem Beispiel vorangehen.
Wir sind Wegweiser des neuen Bewegungstrends. Umweltschutz kann mit uns beginnen, lassen wir uns diese Gelegenheit nicht entgehen.

Es soll sich auch bei uns ein Umdenken in Sachen individueller Mobilität anbahnen.

Egal, ob mit Anzug oder Krawatte, wichtig ist es, dass man auf seinem Gefährt schneller überall hin kommt. Das schaffe ich täglich, indem ich zwischen den zwei Gymnasien, wo ich zu ganz unterschiedlichen Unterrichtsperioden Unterricht erteile, hin und her pendle. Mein Tag richtet sich an dieser Fahrstrecke aus.
Ich kann mir mein Leben nicht mehr ohne mein vollwertiges Fahrzeug vorstellen. Ich bin daran gebunden. Ein Deutschlehrer lässt sich nicht nur mit einem Mercedes verbinden, sondern auch mit einem bescheidenen Verkehrsmittel, welches in den heutigen Krisensituationen als Alternative für den Individualverkehr gilt. Frustrationen und Unterlegenheitskomplexe habe ich erlebt und überwunden. Heute bin ich der Primus in Ngaoundéré, der Landeshauptstadt der Adamawa Region. „Herr Fahrrad“ werde ich im Volksmund genannt. Das ist brisant!

Den Kollegen kommen manchmal auf die Idee, mein Fahrrad zu leihen, wenn sie sich in der Umgebung etwas leisten möchten oder wenn sie in der Moschee das Mittagsgebet ohne große Verkehrsprobleme erledigen möchten. Das nennt man die afrikanische Solidarität. Die aber ihre eigenen Grenzen hat. Denn ich sage immer: „Machen Sie auch mit, liebe Kollegen!“
Mit dem Fahrrad kommt man gesünder zum Ziel, ohne natürliche Feinde an sich heranzuziehen.

Das Freizeit- und Sportgefährt wandelt sich allmählich in das vollwertige Verkehrsmittel, mit dem auch Vorstände morgens ins Büro radeln können.

„Gute Tag“
„Guten Nachmittag“
„Guten Abend“
„Guten Morning“
„Guten After Nachmittag“
„Guten Bonjour“
„Gut salut“
„Gut Sallam“
Mit solchen komischen Begrüßungsritualen werde ich ständig sowohl von den Schülern als auch von den Kollegen freundlich begrüßt, wenn ich vorüberfahre.

Manchmal fahre ich mit der rechten Hand. Die linke dient zur dauernden Begrüßungsantwort, wenn keine Antwort aus dem Mund kommt. Und das stört! Besonders, wenn der Verkehr stark ist.

Gute Fahrt!!!

von Herrn BAPACK
Government Bilingual High School Ngaoundéré

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