Mittwoch, 30. November 2011

Eine Dreieckspartnerschaft - Ein Weg zur Internationalisierung

Die Universität Ngaoundéré (Kamerun), die Universität Bremen und die Universität Ahmadu-Bello in Zaria (Nigeria) sind seit 2004 im Rahmen einer Hochschulkooperation partnerschaftlich verbunden.

Im Jahre 2001 hat der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) ein Entwicklungsprogramm auf die Beine gebracht. Das DIES Programm (Dialog on Innovative Higher Education Strategies) unterstützt das Hochschulmanagement in den Entwicklungsländern.

Im Kontext der Globalisierung und der dazugehörigen Mobilität der Akademiker ist es deutlich, dass auf Seiten der Kameruner und Nigerianer Universitäten noch Entwicklungsbedarf besteht, um international konkurrenzfähig bestehen zu können. Zudem haben die beiden Universitäten (Universität von Ngaoungéré und Universität Ahmadu-Bello) den Beitritt zum europäischen Hochschulraum beschlossen und führen in der Folge die Abschlüsse Bachelor (Licence), Master und PhD ein. Damit einher geht eine zunehmende Internationalisierung und der Ausbau internationaler Kontakte – auch über Afrika hinaus.

Gegenstand und Ziel des Projektes

Das oberste Ziel des Projektes ist es, die Universität von Ngaoungéré (Kamerun) und die Universität Ahmadu-Bello in Zaria (Nigeria) zu international konkurrenzfähigen Universitäten zu entwickeln und ihnen den Weg in den europäischen Hochschulraum zu ebnen.

Es geht darum, vor allem die Dozenten, Mitarbeiter/innen und die Studierenden mit den Kompetenzen auszustatten, die sie benötigen, um international agieren und mit diesen Herausforderungen umgehen zu können. Dazu gehören die Vermittlung von Schlüssel- und interkulturellen Kompetenzen.

Um diese Aktivitäten sichtbar zu machen, beabsichtigt die Universität von Ngaoundéré mit finanzieller und materieller Hilfe von der Bremer Universität den Aufbau und die Ausstattung eines Zentrums für Schlüsselkompetenzen. Dieses Zentrum hilft beim Lernen und Lehren akademischer Sprachkompetenzen als dem Schlüssel zum internationalen Hochschulraum und somit für die Internationalisierung über Afrika hinaus.

Dazu kommen Kompetenzen aus dem Methodenbereich der hochschuldidaktischen Wissensvermittlung und -aneignung, schriftliche und mündliche Präsentationstechniken sowie die Vermittlung interkultureller Kompetenzen. Aufgabe des Zentrums soll es sein, diese akademischen Kompetenzbereiche durch Train-the-Trainer-Seminare zu organisieren und curricular aufeinander zu beziehen.

Eine Möglichkeit zur Süd-Süd Kooperation?

Die Universität Ahmadu-Bello in Zaria (Nigeria) wird in der zweiten Projektphase mit einbezogen werden, und die hier formulierten Ziele werden auch auf diesen Partner Anwendung finden.

Die Universität Bremen kooperiert auch in den Biowissenschaften im Rahmen eines DFG-Projektes mit dieser Hochschule (DFG-Afrika-Initiative zur Unterstützung von Projekten in der Infektionsforschung). Daher ergibt sich hier eine vielversprechende trilaterale Beziehung, die durch das vorliegende Projekt ausgebaut werden soll. Die Übertragung der Ergebnisse auf die Universität Ahmadu-Bello soll soweit möglich durch die Université von Ngaoundéré erfolgen; selbstverständlich begleitet und unterstützt durch die Universität Bremen. Es geht darum, eine Süd-Süd-Partnerschaft zu stärken, die Fähigkeiten und Verantwortung der Mitarbeiter/innen der beiden afrikanischen Universitäten zu entwickeln.

Die bis jetzt verwendeten Methoden an den beiden afrikanischen Universitäten sind mit internationalen Standards nicht vergleichbar. Schuld daran sind das Fehlen der entsprechenden Ausstattung und der Mangel an adäquater didaktischer Ausbildung seitens der Dozenten.


Projektpartner an der Universität Ngaoundéré (Kamerun)



Fortbildungsveranstaltungen sind also wichtiger Bestandteil der Internationalisierung.

Fortbildungsmodule werden geplant werden, die über die Laufzeit des Projektes die Methodenkompetenz der Dozenten an den beiden Universitäten erhöhen werden. Diese Module werden zum Teil in Bremen stattfinden, dann unter Einbeziehung Bremer Kolleginnen und Kollegen, zum Teil in Ngaoundéré, später auch an der nigerianischen Partneruniversität. Dies ist durch Hospitationen an der Uni Bremen und an den beiden afrikanischen Partnern möglich. Themen der Veranstaltungen werden u.a. Anwendung von e-Learning, Präsentationstechniken oder innovative Lern- und Lehrmethoden sein.

Neben der Vermittlung von Lehrmethoden bildet die Verbesserung der Sprachkenntnisse von Lehrpersonal, Mitarbeitern und Studierenden einen weiteren Schwerpunkt. Die Notwendigkeit des Englischen ist ersichtlich, zugleich soll Deutsch auch Berücksichtigung finden.

Den Studierenden und Dozenten an der Universität von Ngaoundéré werden Sprachkurse angeboten. Ihnen wird auch die die Möglichkeit gegeben, an Kursen an der Universität Bremen teilzunehmen.

English- und Deutschkurse sind an der Uni Ngaoundéré seit einem Jahr Wirklichkeit geworden.

Hinsichtlich der Gegenseitigkeit hat die Universität von Ngaoundéré vorgeschlagen, den deutschen Projektpartnern ein Angebot an Französischunterricht zu unterbreiten. Damit erhalten alle von Bremer Seite beteiligten Partner die Möglichkeit, bei Bedarf Französischkenntnisse während eines Aufenthalts in Ngaoundéré aufzufrischen.

Im Rahmen der Verbesserung des Lehrangebots werden nicht nur Lehrkräfte, sondern auch Masterstudierende oder Absolventen der Universität Bremen für längere oder kürzere Aufenthalte als Teaching Assistants nach Ngaoundéré oder Zaria  entsendet. Auf diese Weise können sie ihre erste Lehrerfahrung sammeln.

Ein anderer Einsatzbereich ist die Ausstattung der Universität von Ngaoundéré und der Universität Ahmadu-Bello in Zaria (Nigeria) mit technischen Geräten wie PC’s, Video-Konferenz-Räumen für       e-Learning-Angebote und Online-Kurse.

Am Ende der Projektlaufzeit werden die Universität von Ngaoundéré und die Universität Ahmadu-Bello in Zaria (Nigeria) über den Grundstock von Zentren für Schlüsselkompetenzen verfügen und die maßgeblichen Mitarbeiter/innen werden in der Lage sein, Bedarf zu erkennen, weitere Kurse zu planen, Dozentinnen und Dozenten zu rekrutieren, um das Zentrum nachhaltig wachsen zu lassen. So kann das in den beiden entstehenden Zentren für Schlüsselkompetenzen Modell sein für vergleichbare Einrichtungen an weiteren afrikanischen Universitäten.

Jean Francois BAPACK

DaF-Lehrer GBHS Ngaoundéré

Sonntag, 9. Oktober 2011

Feier zum Tag der deutschen Einheit in Kamerun in der Deutschen Seemannsmission von Douala

Am 2. Oktober 2011 hat die Deutsche Botschaft in Kamerun eine offizielle Zeremonie zum Gedenken an die staatliche Einheit Deutschlands veranstaltet. Die Feierlichkeiten, die in der „Deutschen Seemannsmission“ von Douala stattfanden, wurden vom Botschafter, seiner Exzellenz Reinhard Buchholz, persönlich gestaltet. Sie begannen um 18:30 Uhr, das Programm gliederte sich in drei Hauptphasen :
- Empfang der Gäste durch den Botschafter und seine Frau
- Rede und Verteilung des Geburtstagskuchens
- Eröffnung des Büfetts und Belustigungen
Ankunft und Empfang der Gäste
Alle Gäste wurden bei ihrer Ankunft in der „Seemannsmission“ in Douala vom Botschafter, seiner Exzellenz Reinhard Buchholz, und seiner Frau Sibylle herzlich empfangen. Ich hatte persönlich auch die Ehre. Ich freute mich dabei auf das Wiedersehen nach unserem letzten Zusammentreffen im Juli in Jaunde anlässlich des Jubiläums zum 50. Geburtstag der Gründung des Goethe – Instituts Kamerun. Mir ist aufgefallen, dass der Botschafter wirklich ein offener, gastfreundlicher und bescheidener Mann ist.
An den Empfang schloss sich die Rede des Botschafters an. Vor seiner Rede wurden die deutsche und die kamerunische Hymne gesungen, dann folgte das Gebet eines Pfarrers. In seiner Rede betonte der Botschafter die ausgezeichneten diplomatischen Beziehungen, die Deutschland und Kamerun seit etwa 40 Jahren unterhalten. Er ließ auch wissen, dass sich zurzeit ungefähr zwanzigtausend Kameruner in Deutschland aufhalten und dass fünftausend kamerunische Studenten deutsche Hochschulen besuchen. Dann rief er uns die deutsche Geschichte in Erinnerung, vom „Kalten Krieg“ über den Bau der Berliner Mauer bis hin zur Revolution von 1989, die im Zusammenbruch der Mauer kulminierte. Deutschland feierte so das Ende der Existenz von zwei Staaten und damit die Restauration des gemeinsamen Staatsgefühls. Damals sagte der ehemalige Bundeskanzler Willy Brandt Folgendes:
Jetzt wächst zusammen, was zusammengehört.“
Die Bilder der Demonstrationen in der arabischen Welt seit dem Frühling zeigen, dass immer mehr Menschen nach Demokratie, Meinungsfreiheit, freiem Leben und Menschenrechten streben. Dies gilt für die Entwicklungsländer genauso wie für die Industrieländer.
Im Anschluss an die Rede wurde der Kuchen zum Gedenken an die deutsche Wiedervereinigung vom 3. Oktober 1990 feierlich angeschnitten und verteilt. Dabei sollte erwähnt werden, dass der Kuchen zum 21. Geburtstag der deutschen Einheit in den Farben der deutschen Flagge gebacken wurde : schwarz - rot - gold.
Die letzte Phase der Feier bestand in Essen und Trinken. Das Menü war abwechslungsreich und lecker, und jeder Gast konnte sich ganz nach seinem Belieben bedienen. So äußert sich die Demokratie, auch wenn man mit Speisen und Getränken zu tun hat.

Meine persönliche Erfahrung
Bei dieser Feier in der „ Seemannsmission“ in Douala ist mir besonders aufgefallen, dass die Deutschen wirklich auf ihre Einheit stolz sind. Sie halten fest an den Werten: Einigkeit, Recht, Freiheit und bilden ein starkes und vereintes Volk.

Wir Kameruner wünschen uns, dass solche Werte in dieser Zeit der Präsidentenwahlen als Muster dienen, um Demokratie, Meinungsfreiheit und Menschenrechte wieder herzustellen.

William CHANTCHO Douala - Kamerun

Montag, 3. Oktober 2011

Tipps zur Literatursuche, wenn keine größere Bibliothek erreichbar ist

Christian Spannagel hat mit Studenten aus Mosambik eine Zusammenstellung der verschiedenen Möglichkeiten vorgenommen (hier der Link).
Etwas ältere allgemeinere Hinweise findet man hier zusammengestellt.

Montag, 26. September 2011

Besuch im Lamida


Es ist aber höchste Zeit, dass wir unsere
Begegnung mit dem Anderen, dem Fremden,
und hier mit dem Deutschen nicht auf Kosten
der Zerstörung unseres Selbst betreiben.
Kum’a Ndumbe III: „Afrika ist im Aufbruch,
Afrika ist die Zukunft"

Am 4. Mai 2011 haben die Schüler der Abschlussklasse begleitet von ihrem Deutschlehrer das Lamidat von Ngaoundéré besucht. Unter dem Motto „Wenn die Fremdsprache der lokalen Kultur begegnet“ lernen die Schüler, Fremdsprache und eine andre Kultur miteinander zu verbinden. Die Sprache ist das Vehikel der Kultur. Die lokale Kultur wird durch die deutsche Sprache wahrgenommen, in dem alltäglichen Verkehr mit Leuten verwendet und vermittelt. Hier wird die Interkulturalität, eins der Hauptziele des Fremdsprachenlernens, Wirklichkeit. Inter- und Multikulturell lernen und lehren bezieht sich nicht nur auf die Deutsch-Kamerunische Kultur, sondern auch auf die Kamerun-kamerunische Kulturkonstellation. Denn interkulturell handeln setzt Wissen über die Kulturpluralität des Gegenübers und eine reflektierte Haltung zur eigenen Identität voraus.
Schüler als potentielle Kulturträger, Bewohner und Förderer der globalisierten Welt sind alltäglich mit der Realität der interkulturellen Vielfalt konfrontiert.
Der Besuch im Lamidat von Ngaoundéré bringt die Lernenden dazu, das Interesse an der kulturellen Bereicherung ihrer näheren Umgebung zu wecken und eine mögliche Berufskarriere aufzuzeigen, wie zum Beispiel die eines Reiseführers oder eines Kulturingenieurs..
Schüler aus den verschiedenen Regionen stehen manchmal der lokalen Kultur fremd gegenüber. Sie können die Sprache der Gastregion nicht sprechen. Die Sitten und Gebräuche sowie die Lebensweise des Gegenübers sind ihnen fremd. Sie bleiben bei den oberflächlichen oder mit Stereotyp verbundenen Kulturelementen.
So ist unsere jüngere Generation kulturell arm, anstatt die Möglichkeit einer Verbindung zweier Kulturen zu nutzen. Eltern sollten ihre Kinder dabei unterstützen, sich in mehrere Kulturen einzuleben. Wenn die Eltern aber selbst kulturell unbewusst sind, kann dieses lokale Wissen in der Schule erworben werden.
Die Schüler lernen zum Beispiel sich mit einer anderen lokalen Kultur zu versöhnen. Sie erleben, wie man mit kulturellen Gegenständen sowie kulturellen Trägern Kontakt pflegt. Sie lernen auch, wie man den König (Lamido) begrüßt, wie man sich am Hof von Lamida präsentiert: (Man soll barfuß den Hof betreten und die Frauen sollen den Kopf verschleiern). Die traditionelle Macht ist hierarchisch strukturiert. Solche Integrationselemente schaffen ein besseres Verstehen des Anderen besonders in einem Land mit breiter Kulturlandschaft.

„Lamida“, der Wohnsitz des Lamido, ist eine große Wohngemeinschaft mit vielen Abteilungen.
Er wurde vor knapp zweihundert Jahren von Yerima Bello aus Nigeria gegründet. Dieser kam nach Ngaoundéré im Rahmen der Missionierung der Einheimischen zur islamischen Religion eingeführt von Ousman dan Fodio, der Schwarzafrika von Mali bis Nigeria zum Islam bekehrt hatte. Die Herrschaft des Lamido dehnt sich über hunderte Kilometer in der Region bis zur nächsten Herrschaftsgrenze. Häuptlinge, ländliche- und städtische Bevölkerung sind dem Lamido untergeordnet. Seine Macht ist groß: er ernennt verschiedene Häuptlinge, verteilt Land an die Einwohner und schlicht Streit. Er kann die Wahl eines Präsidenten oder die Ernennung eines Oberbeamten beeinflussen. Der Lamido verkörpert die geistliche, die politische und die traditionelle Macht.
Seine Machtausübung und die staatliche Macht verlaufen in einem perfekten Synkretismus. Beide Verwaltungen ergänzen sich bei der Sicherung der sozialen Ordnung und des Friedens. Der Sitz des Lamido ist eine riesige Wohngemeinschaft mit Erfahrungen von Jahrhunderten.

Der Hof hat eine hierarchische Struktur, die dem modernen Staat gleicht. Der „Kaigama Foulbe“ ist steht zum Beispiel unmittelbar unter dem Lamido und gilt als Kanzler. Der “SarkinYaki“ ist der Verteidigungsminister: Er leitet die Armee und garantiert die Sicherheit am Hof. Die „Yerima“, auch Prinzen genannt, sind potenzielle Nachfolger des Lamido. Ganz unten stehen die Untertanen. Es gibt leider keine Möglichkeit von der niedrigen zur oberen Schicht aufzusteigen. Der Hof lässt sich nur langsam von der Moderne beeinflussen. Das Büro des Lamido ist aber hochmodern:
es verfügt über Computer, Klimaanlagen, Telefonanschluss usw. Dem Hofführer fällt es schwer, dem Besucher eine kohärente Geschichte zu erzählen, denn der Hof ist von vielen Verboten geprägt.
Geheimnisse und das Schweigen sind die Säule der traditionellen Macht. Nur dreiviertel des Hofes ist dem Besucher offen. Das private Appartement des Lamido, das von seinen 31 Kindern und die private Appartements seiner vier Frauen sind dem Besucher verschlossen.

Jean Francois BAPACK
Government Bilingual High School Ngaoundéré

Donnerstag, 1. September 2011

Über Scham II

Milgram hat nicht nur ein Experiment über Autorität gemacht, sondern - unbeabsichtigt - auch eines über Scham.

Er schickte Studenten aus, sie sollten im Bus, wenn noch Plätze frei waren, Passagiere auffordern, bitte aufzustehen, sie wollten sich hinsetzen. Er wollte die Reaktion der Angesprochenen testen.
Dann wunderte er sich, weshalb recht viele Studenten von dem Projekt absprangen. Bis ein Student ihm erklärte, es sei gar nicht so leicht, bei dem Projekt mitzumachen.
Milgram probierte es selbst aus. Er ging in einen Bus und nahm sich vor jemanden anzusprechen und aufzufordern, aufzustehen. Es gelang ihm nicht. Schweiß brach ihm aus. Er wischte sich den Schweiß ab und merkte, dass seine Bewegungen fahrig wurden. Da stand eine junge Frau auf und sagte: "Wollen Sie sich nicht setzen?"

Offenbar schämt sich der Durchschnittsmensch mehr, als unverschämt zu gelten, als dass er sich schämt, Menschen zu misshandeln und zu töten, wenn eine Autorität es ihm befiehlt.

Inzwischen wird auf den verschiedensten Bereichen Scham abgebaut. "Das gehört sich nicht." bedeutet nicht mehr ein unbedingtes Tabu. Männer wagen es, sich originell zu kleiden. Frauen stellen immer offener ihren Körper zur Schau. Frauen bahnen offen Partnerbeziehungen an. Manche Männer reden - sogar mit Männern - über Gefühle.
(Freilich - so höre ich - in Beziehungen, wo die Partner schon viele Jahre unverheiratet zusammenleben, da darf sie nicht die Heirat vorschlagen. Gilt da "Das gehört sich nicht" oder ist es die Sorge, der Partner könnte die Bindungsverpflichtung so scheuen, dass er die Beziehung abbricht?)

Chodorkowski berichtet aus dem Gefängnis. Ein 23jähriger wegen Drogenbesitz Verhafteter soll "gestehen", einer Frau die Handtasche weggenommen zu haben. Er war dazu bereit, ...
"bis er die Beraubte sieht. Eine Rentnerin. Kolje sträubte sich. 'Ich habe Ältere nie angerührt, nur Gleichaltrige. Einer Alten das Letzte wegzunehmen - nein das unterschreibe ich nie. Da könnt ihr mich umbringen.'" (Frankfurter Rundschau vom 31.8.11)
Er wird verprügelt. In der Zelle begeht er Harakiri.

Wenn wir uns an die letzten Berichte von Übergriffen Jugendlicher auf Rentnerinnen und Rentner erinnern, so wissen wir, auch diese Schamgrenze wird längst überschritten.

Montag, 29. August 2011

Kann man aus der Geschichte lernen?

Man kann lernen, was früher passiert ist, man kann Geschichtszahlen lernen und man kann lernen, dass die meisten politischen Verhältnisse gar nicht so dauerhaft sind, wie sie es zu sein scheinen.
Oft bereitet sich ein Wechsel schon lange vorher vor und kommt dann in kurzer Zeit zum Vorschein.
Der arabische Frühling war ein Beispiel dafür, wie schnell das gehen kann. Bis nach dem Umbruch wieder stabile Verhältnisse entstehen, dauert es freilich meist deutlich länger.

Wenn die Verhältnisse sich wieder stabilisiert haben, vergisst man dann freilich meist, dass es überhaupt einmal anders war. Damit das nicht dauerhaft passiert, müssen wir uns mit der Geschichte beschäftigen.

Meist aber meinen wir aber mit der Frage, ob man aus der Geschichte etwas lernen kann, etwas anderes. Meist geht es uns nämlich um die Frage, ob man aus den Fehlern, die früher in der Geschichte gemacht worden sind, etwas lernen kann.

Da heißt die Antwort dann meist: Nein.
Dabei gibt es ungezählte Beispiele dafür, wie aus der Geschichte gelernt worden ist: Man hat gelernt, dass Sklaverei und Apartheid der Menschenwürde widersprechen und hat beide abgeschafft. Wenn sie trotzdem noch vorkommen, so ist doch jeder, der sie praktiziert, der öffentlichen Ablehnung ausgesetzt.
Man hat auch gelernt, dass das Abholzen der Wälder in Griechenland, Italien und Spanien, die alle einmal Raubbau mit ihren Wäldern getrieben haben, dazu führt, dass ganze Landstriche austrocknen und so der landwirtschaftliche Ertrag enorm sinkt. Deshalb ist die moderne Forstwirtschaft entwickelt worden, wonach immer nur so viel abgeholzt werden darf, wie auch nachwachsen kann.
Leider aber hat man nicht alles gelernt, was man daraus hätte lernen können.
Die Menschheit lässt weiter zu, dass Wälder unverantwortlich abgeholzt werden. Nur sind es jetzt vor allem die Regenwälder in den Tropen. Sie lässt weiter zu, dass mehr Rohstoffe verbraucht werden als nachwachsen (bei Erdöl, Kohle und auch bei Uran).

Die Menschen lernen zwar aus der Geschichte, aber immer nur sehr wenig. Und vor den meisten neuen Problemen stehen sie genauso unvorbereitet wie vor den alten und machen prinzipiell dieselben Fehler: Sie denken, sie hätten alles verstanden und könnten deshalb die Natur dauerhaft beherrschen. Sie glauben, sie könnten sich alles leisten, was sie wollen, weil sie das früher ja auch schon so gemacht haben. Sie sind übermütig, gierig, egoistisch. Das sind typisch menschliche Verhaltensweisen. Es hat zwar immer auch Menschen gegeben, die vernünftiger waren, aber meist waren sie eine kleine Minderheit.

Weshalb fällt es so schwer, aus der Geschichte zu lernen?
Wir sehen einen Fehler und denken, den mache ich nicht und fühlen uns besser als alle, die ihn damals gemacht haben. Dass die Welt sich aber so schnell ändert, dass immer neue Fehlermöglichkeiten eintreten, das übersehen wir gerne.
Mancher fühlt sich besser als die Menschen, die die Demokratie in Europa und in in einer Reihe von Staaten Afrikas aufgebaut haben, weil sie vorher so manches falsch gemacht haben.
Wir sollten damit aber vorsichtig sein: Die Fehler, die wir begehen werden, stehen noch nicht im Geschichtsbuch. Aus unseren Fehlern lernen wir erst, wenn wir sie gemacht haben, und auch das nur, wenn wir von denen lernen, die vor uns aus ihren Fehlern gelernt haben.

Wenn man jetzt vielleicht wissen will, was dieser Eintrag mit Autorität, Scham und  Personen, die als Jugendliche in der NSDAP waren, zu tun hat, kann man diesen Eintrag lesen.
Walter Böhme

Bekannte Deutsche, die in ihrer Jugend in der NSDAP waren

Nach dem 2. Weltkrieg wurden die führenden Vertreter den Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) für ihre Verbrechen bestraft. Zunächst versuchten die Alliierten, auch alle anderen Parteimitglieder und höheren Beamten zu bestrafen, doch das wurde nie konsequent durchgeführt. Vermutlich vor allem, weil es so viele waren, und man die meisten von ihnen für den Aufbau der neuen Verwaltung usw. brauchte.
Menschen, die bei der Vernichtung der Juden mitgeholfen hatten oder in Konzentrationslagern schwere Verbrechen begangen hatten, wurden später (ab Anfang der 60er Jahre – Auschwitzprozesse) aber auch vor Gericht gestellt.

Erst deutlich später kam heraus, dass nicht wenige Personen, die in der Bundesrepublik eine sehr erfolgreiche Karriere als Politiker, Wissenschaftler oder Schriftsteller gemacht hatten, in ihrer Jugend Mitglieder der NSDAP geworden waren. Zum Teil waren das Personen, die besonders scharfe Kritik am Rechtsradikalismus geübt hatten.
Walter Böhme

Sonntag, 28. August 2011

Über Scham

Wie die Autorität so ist auch die Scham oft sehr nützlich.
Egoistisch, wie wir Menschen sind, würden wir uns sicher weit rücksichtsloser verhalten, als wir es tun, wenn wir uns nicht schämen würden, in der Öffentlichkeit als so rücksichtslos gesehen zu werden. Alte Menschen und kleine Kinder würden sicher oft beiseite gedrängt, wenn nicht jeder befürchten müsste, von den anderen Anwesenden scharf kritisiert zu werden. Und unsere Straßen wären sicher viel sauberer, wenn sich auch heute noch jeder schämen würde, etwas auf den Boden zu werfen.

Scham kann aber auch gefährlich sein.
Da gibt es vor allen unter männlichen Jugendlichen die Scham, als feige zu gelten, wenn man nicht bei gefährlichen Unternehmungen mitmacht. Statistiken haben nachgewiesen, dass die meisten tödlichen Unfälle am Anfang der Pubertät passieren.
Aber auch Gewaltanwendung durch eine Gruppe überschreitet nicht selten deswegen die Grenze zur Körperverletzung, weil keiner zugeben will, dass er „zu feige“ ist, brutal zuzuschlagen.

Bernhard Schlink hat in seinem Roman dargestellt, wie eine Frau lieber riskiert, als Mörderin bestraft zu werden, als dass sie zugibt, dass sie nicht lesen kann.
Walter Böhme

Ein Experiment zur Wirkung von Autoritätt

Der vorige Blogeintrag war recht schwierig formuliert. Deshalb sollen in einigen kurzen, übersichtlicheren Artikeln einige Gedanken noch einmal aufgegriffen werden.

Autorität ist wichtig, um für Ordnung zu sogen, ohne dass gestraft oder Gewalt angewendet werden muss. Das gilt für eine Schulklasse, das gilt auch für einen Staat.
Nelson Mandela hatte bei Schwarzen und Weißen Autorität, weil er es fertigbrachte, nach über zwanzig Jahren Haft aus dem Gefängnis heraus mit der Regierung zu verhandeln und ihr seine Bedingungen zu stellen.

Es gibt aber auch schädliche Autorität.
Der Psychologe Milgram hat nachgewiesen, dass weit über die Hälfte der Teilnehmer eines Versuchs auch ohne Strafandrohungen dazu gebracht werden konnte, ihren Mitmenschen schweren Schaden zuzufügen, weil die meisten es nicht fertig brachten, sich einer Autorität zu widersetzen.
Er ließ angeblich ein Experiment durchführen, ob Strafen den Lernerfolg positiv beeinflussen. In Wirklichkeit wurden nur die Personen getestet, die die Lehrer spielten. Die Mehrzahl war bereit, ihren Schülern trotz deren verzweifelter Bitte um Beendigung des Experimentes schwere Elektroschocks zu geben und setzten diese Schocks sogar fort, wenn die Schüler schon gar keine Lebenszeichen mehr von sich gaben. (In Wirklichkeit erhielten die „Schüler“ keine Schocks. Wie die Befragungen nach dem Experiment zeigten, hatten die „Lehrer“ das aber nicht gemerkt. - Milgram-Experiment)
Walter Böhme

Über billige Verurteilungen von Menschen in anderen Lebenszusammenhängen

Stanley Milgram verdanken wir das Experiment, in dem gezeigt wurde, dass die überwiegende Mehrheit von Menschen der heutigen Gesellschaften unter gesellschaftlichem Druck dazu gebracht werden könnte, Verbrechen zu begehen.
Bernhard Schlink hat in "Der Vorleser" eine Studie darüber geschrieben, wie die Scham davor, öffentlich zugeben zu müssen, dass man Voraussetzungen, die jeder normale Mensch erfüllt, nicht hat, größer sein kann als die Scham, als Mörder zu gelten, und dass jemand bereit sein könnte, als Mörder verurteilt zu werden, nur um nicht als Analphabet erkannt zu werden.  
Götz Aly verdanke ich den Hinweis, dass der deutsche Außenminister Hans-Dietrich Genscher und viele andere angesehene Persönlichkeiten offenbar in jungen Jahren in die NSDAP eingetreten sind. 
Dass Günter Grass überzeugtes Mitglied des Jungvolks war, war schon allgemein bekannt, bevor er öffentlich darauf hinwies, dass er auch Mitglied der Waffen-SS war. 
Dass die Aktenlage Jürgen Habermas, Walter Jens, Martin Walser, Erhard Eppler und Iring Fetscher als ehemalige NSDAP-Mitglieder ausweist, wusste ich schon länger. Teils haben sie bestritten, je davon gewusst zu haben. Dass sie sich schämen, NSDAP-Mitglied gewesen zu sein, darf man annehmen. Was Scham anrichten kann, haben Milgram und Schlink aufgezeigt.
Hilmar Hoffmann, der neuste "Fall", der bekannt geworden ist, hat sich offen dazu bekannt, dass ihm die Stimme Goebbels' "wie Seife rein" ging und dass er sich im Zusammenhang mit seinem Abitur entschlossen habe, die Mitgliedschaft in der NSDAP zu beantragen. 
Götz Aly verdanke ich auch den Hinweis auf eine Äußerung Bernhard Schlinks , man müsse für eine differenzierte Beurteilung einer Person sie "auf dem Horizont ihrer Zeit" betrachten. In seinem Aufsatz "Die Kultur des Denunziatorischen" im Merkur führt Schlink dazu im Blick auf Personen aus den neuen Bundesländern weiter aus:
Im politischen Parteienstreit wurde Willy Brandt vorgeworfen, dass er unter Lebensgefahr aus Nazideutschland geflohen ist und dass er auf der Seite von Nazigegnern stand. Im Parteienstreit war auch der Hinweis auf eine uneheliche Geburt oder darauf, dass jemand homosexuell sei, eine gefährliche Waffe. 
Es geht um Biographien, die eine differenzierte und nuancierte Betrachtung und eine moralische Bewertung im Horizont ihrer Zeit verdienen. Stattdessen wird der Blick darauf verengt, ob einer als Soldat an der Grenze eingesetzt war oder als inoffizieller Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit geführt wurde oder als Wissenschaftler ein »ideologisch kontaminiertes« Fach vertreten hat.
Auf dem Horizont unserer Zeit taugen solche Hinweise nur noch, um an nicht öffentlich zugegebene Vorurteile zu appellieren. 
Das Urteil über eine Person und ihre Leistung für unsere Gesellschaft sollte sich an dem "Horizont ihrer Zeit" orientieren. 
So wird man Carl Friedrich von Weizsäcker nach seinen Beiträgen zu beurteilen haben, die das Urteil über Atomwaffen geschärft und das deutsche Verhältnis zu Polen entschärft haben, nicht aber von der Tatsache her, dass er die Probleme der friedlichen Nutzung von Kernenergie völlig unterschätzt hat. 

Zu diesen Fragen - nicht zuletzt zu Schlinks Aufsatz - gäbe es noch viel zu sagen. Schon jetzt darf ich Schlinks Aufsatz und noch mehr seinen Roman "Der Vorleser" sehr zur Lektüre empfehlen.
Walter Böhme

Dienstag, 2. August 2011

Exklusivinterview mit S.E. Reinhard BUCHHOLZ , Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Kamerun

Nachbarschaft : Ihre Exzellenz, wie fühlen Sie sich in Kamerun seit Sie hier als Botschafter tätig sind?
Antwort: Ich bin nun seit einem Jahr deutscher Botschafter in Kamerun. Den Posten hatte ich mir ausgewählt. Diese Wahl bereue ich nicht.

Nachbarschaft : A propos deutsche Tätigkeiten in Kamerun:
Können Sie für unsere Leser erläutern, welche Arbeitsschwerpunkte die deutsche Botschaft in Kamerun hat?

Wie groß ist Ihr Gestaltungsspielraum bei der Arbeit? Wie weit werden vom Auswärtigen Amt Richtlinien vorgegeben, in welchem Umfang können Sie selbst Prioritäten setzen?
Seine Exzellenz Botschafter Reinhard Buchholz und William Chantcho

Antwort: Die Botschaft deckt die gesamte Bandbreite unserer Beziehungen mit Kamerun ab: Politik, Wirtschaft, entwicklungspolitische Zusammenarbeit, Kultur. Sie versucht, den Herausforderungen in all diesen Bereichen gerecht zu werden. Da die Schwerpunkte innerhalb der Bereiche nicht fest sind, sondern sich immer verschieben, müssen wir flexibel reagieren.
Zum Beispiel im Kulturbereich: in diesem Jahr feiern wir „50 Jahre Goethe Institut in Kamerun“; das ist in diesem Jahr ein Schwerpunkt, wobei wir natürlich andere wichtige Bereiche unserer kulturellen Zusammenarbeit nicht vernachlässigen, wie zum Beispiel die Hochschulpartnerschaften, die Stipendienprogramme, oder die Förderung der deutschen Sprache. Oder im Bereich der Wirtschaft: seit einem Jahr stellen wir ein steigendes Interesse der deutschen Unternehmen an Kamerun fest; darauf haben wir reagiert mit einem verstärkten Angebot an Beratung und politischer Begleitung der Investitionsvorhaben.
Solange sich die Aktivitäten der Botschaft im Rahmen der politischen Vorgaben der deutschen Regierung halten, hat die Botschaft einen recht weiten Gestaltungsspielraum. Das muss auch so sein, denn die Beziehungen zwischen unseren Ländern sind sehr lebendig. Wenn wir uns immer erst in Deutschland rückversichern müssten, könnten wir nicht zu ihrer Dynamik beitragen, sondern wären ein Bremsklotz.

Nachbarschaft : Zum Gebiet deutsch-kamerunische Beziehungen:

Hat sich das Verhältnis zwischen Deutschland und Kamerun seit der Unabhängigkeit im Jahre 1960 verändert?
Sind die Beziehungen zwischen den europäischen Staaten und afrikanischen Staaten national oder eher europäisch geprägt?

Antwort: Natürlich hat sich das Verhältnis zwischen unseren Ländern in den letzten 50 Jahren sehr verändert. Das Kamerun von heute hat nur noch wenig gemeinsam mit dem Kamerun von 1960, und das gleiche trifft auf Deutschland, auf Zentralafrika, auf den afrikanischen Kontinent und natürlich die ganze Welt zu. Lange Zeit war es ein Verhältnis zwischen dem Geber Deutschland und dem Nehmer Kamerun. Wir Deutsche nehmen zur Kenntnis, dass dies nicht mehr den Gegebenheiten in der jetzigen Welt entspricht. Deswegen haben wir in unserer Afrika-Strategie (die erst vor kurzem von der Bundesregierung beschlossen wurde) festgelegt, dass wir mit den afrikanischen Staaten und damit auch mit Kamerun ein Verhältnis „unter Gleichen“, oder mit anderen Worten: „auf gleicher Augenhöhe“ anstreben. Wir suchen in Kamerun einen gleichberechtigten Partner.

Zu den Veränderungen in den letzten 50 Jahren gehört auch die Bildung der Europäischen Union. Immer mehr Zuständigkeiten sind an die Union übergegangen. Die Mitglieder der Europäischen Union arbeiten auch in ihren Beziehungen mit den afrikanischen Staaten eng zusammen. Dadurch, dass Mitgliedstaaten die europäische Politik mitbestimmen, gibt es nur in Nuancen Unterschiede zwischen der Afrika-Politik der EU und der ihrer Mitglieder.


Nachbarschaft : Was die Schwierigkeiten bei der Durchführung Ihrer Arbeit in Kamerun angeht:

Sie wollen ein förderliches Verhältnis zwischen Deutschland und Kamerun herstellen und sich gewiss nicht in die inneren Affären Kameruns einmischen. Dennoch besteht ein legitimes Interesse der internationalen Staatengemeinschaft an der Wahrung der Menschenrechte in allen Staaten. Dieser Zielkonflikt findet gegenwärtig angesichts der „ gemeinsamen Kabinettsitzung“ der chinesischen und der deutschen Regierung das besondere Interesse der Öffentlichkeit.
Wie gehen Sie mit diesem Zielkonflikt im Verhältnis mit Kamerun um?

Hat sich die deutsche Politik gegenüber afrikanischen Staaten seit dem „ Arabischen Frühling “ verändert?

Antwort: Deutschland wie Kamerun haben viele internationale Abkommen über die Wahrung der Menschenrechte, auch der politischen und demokratischen Rechte unterzeichnet; außerdem haben sie in der Präambel mit den anderen Unterzeichnerstaaten des Cotonou-Abkommens aus Europa, Afrika, dem Pazifik und der Karibik erklärt: „Un environnement politique garantissant la paix, la sécurité et la stabilité, le respect des droits de l'homme, des principes démocratiques et de l'État de droit et la bonne gestion des affaires publiques, fait partie intégrante du développement à long terme; reconnaissant que la responsabilité première de la mise en place d'un tel environnement relève des pays concernés.“. Für mich gibt es daher keinen Zielkonflikt. Wir halten uns an die Verträge, und gehen davon aus, dass es die anderen Partner auch tun.
Im übrigen hat sich die deutsche Politik gegenüber afrikanischen Staaten im letzten Jahr nicht grundsätzlich verändert.

Nachbarschaft : Was halten Sie von dem Versuch, ein internationales afrikanisches Online-Magazin zu gründen?

Antwort: Ich begrüße dieses Projekt sehr aus zwei Gründen:
Zum einen wegen der Bedeutung des Internets für die Zukunft Afrikas. Viele afrikanische Länder fördern die Verbreitung des Internets. Inzwischen hat sich in Afrika wohl allgemein die Erkenntnis durchgesetzt, dass gerade für Afrika das Internet eine große Chance bedeutet, den Entwicklungsrückstand nicht noch größer werden zu lassen und möglichst aufzuholen.
Zum zweiten sind Informationen über Ereignisse und Entwicklungen in einem Land, aber auch in anderen Ländern der Region oder des Kontinents von großer Wichtigkeit für die Entwicklung der Demokratie: nur ein informierter Bürger kann zum Fortschritt seines Landes beitragen. Vorher sind die Bemühungen um Verbreitung von Fakten und Meinungen über Grenzen hinweg an den Kosten gescheitert: es war einfach zu teuer, ein gedrucktes Magazin in mehreren Ländern auf den Markt zu bringen. Mit Hilfe des Internets ist es nun möglich, das zu erträglichen Kosten zu tun. Daher wünsche ich dem Magazin „Nachbarschaft“ eine zahlreiche Leserschaft.

Nachbarschaft : Was ist Ihr kamerunisches Lieblingsgericht? Was würden Sie gern am Ende Ihres Aufenthalts nach Deutschland mitnehmen? Nur Essen und Rezepte oder auch anderes?

Antwort: Ndole, Folon oder Okok schmecken mir sehr gut. Und gegrillten Fisch esse ich überall dort, wo es ihn gibt: im Hafen von Kribi und in den Fischgaststätten in Jaunde.
Für die Mitnahme am Ende einer Zeit in einem Land ist aber Anderes viel wichtiger: das sind die Erinnerungen an die Menschen und ihre Kultur. Ich freue mich, dass ich mit einigen Kamerunern Freundschaft geschlossen habe: diese Freundschaften zu bewahren und zu pflegen wird mir nach meiner Ausreise ein besonderes Anliegen sein.

Ihre Exzellenz wir danken Ihnen sehr für das Gespräch.
Die Fragen stellten William CHANTCHO und Walter BÖHME

Freitag, 27. Mai 2011

Das Fernsehen: ein Dorftyrann

Was ich eigentlich erzählen möchte, hat nichts mit dem gewöhnlichen Machtmissbrauch in einem diktatorischen Regime in Afrika zu tun. Bei meinen Osterferien in einem ferngelegenen Dorf im Westen Kameruns, ist mir etwas Besonderes aufgefallen. Das Fernsehen ist fast jeden Abend für die meisten Dörfler ein Grund, sich zu versammeln. Von 19 Uhr bis Mitternacht sitzen Jugendliche, Erwachsene und sogar Alte vor dem Apparat, so wie Christen in der Kirche und konsumieren ganz treu alles, was auf dem Schirm vorkommt.
Importierte Serien und Sendungen, Filme, Fußballspiele aus Europa, aus Süd- und Lateinamerika werden mit Begeisterung und großem Vergnügen angesehen, dies leider ohne kritischen Geist.

Obwohl in der Wirklichkeit dieses Kommunikationsinstrument Langeweile und Erschöpfung nach
den harten Feldarbeiten fernhalten soll, liegt jedoch seine Funktion nicht unbedingt in den Inhalten, die es vermittelt, sondern eher in seiner Existenz. Im Allgemeinen ist das Programmangebot europa- oder südamerikaorientiert, was leider nichts mit kamerunischen Realitäten zu tun hat. Zwar ist heutzutage die Medienlandschaft zu einem globalen Dorf geworden, aber es bedeutet keineswegs, dass die Leute in "Bazou“ sich entfremden müssen, indem sie ihre Wurzeln verlieren, um sich eine fremde Kultur anzueignen. Fernsehen sollte nicht nur Information, Ausbildung und Unterhaltung bedeuten, sondern auch Mittel zur Identitätsfindung, zur Kulturbereicherung und zum Kulturaustausch sein. Das sollten die Leute von "Bazou“ in Betracht ziehen, sonst laufen sie wirklich Gefahr, ihre eigene Kultur allmählich zu beerdigen.

William CHANTCHO

Montag, 11. April 2011

Meldungen aus der Elfenbeinküste

5.4.11
Die Entscheidungsschlacht um die Macht in der Elfenbeinküste tobt - jetzt schaltet sich die Uno ein. Generalsekretär Ban Ki Moon erlaubte Angriffe gegen die Truppen des Machthabers Laurent Gbagbo, französische Hubschrauber beschossen deren Stellungen.
http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,755025,00.html

08.04.2011

Angst und Gewalt bestimmen das Leben der Menschen in der Elfenbeinküste, wo ein blutiger Machtkampf tobt. Jens-Uwe Hettmann leitet in Abidjan das Büro der Friedrich-Ebert-Stiftung. Seine Warnung: Selbst wenn es gelingt, den Despoten Gbagbo zu stürzen, wendet sich damit nichts zum Guten.
http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,755598,00.html

11.04.2011

Der Machtkampf an der Elfenbeinküste ist beendet: Kämpfer der Rebellen haben den abgewählten Präsidenten Laurent Gbagbo in seiner Residenz festgenommen, beteiligt an dem Einsatz waren auch französische Eliteeinheiten und Uno-Soldaten.
http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,756303,00.html

Aktuelle Meldungen im Afrikablog

Sonntag, 13. März 2011

Bericht vom Seminar “Filme im Deutschunterricht” an der Deutschen Seemannsmission von Douala – Kamerun

Am 19. Januar 2011 fand ein Seminar mit dem Thema “Landeskunde mit Hilfe von Filmen im Deutschunterricht” an der deutschen Seemannsmission in Douala statt. Es wurde von zwei Deutschlehrerinnen, Frau Bouwa Martine und Frau Kamou Fopa Philomène, geleitet und von den in der Küstenregion Kameruns tätigen Deutschfachberatern und Deutschlehrern besucht.


Ziel des Treffens war es, Filme im Deutschunterricht einzusetzen, damit die Schüler dadurch authentische und landeskundliche Informationen erhalten, auch mehr interkulturelle Kenntnisse erwerben und damit die folgenden Fertigkeiten üben können: hören, sprechen, schreiben, lesen, fantasieren, fühlen und spielen.

Das Treffen begann mit den Begrüßungsritualen und der Präsentation der drei Hauptphasen des Referats durch den Inspektor Teboup Marcel. Dann wurden von den Teilnehmern Erwartungen formuliert, und die Referentin Bouwa Martine stellte in dieser 1. Phase die Rolle von Filmen im Deutschunterricht vor. Die Arbeit mit Filmen spielt im Fremdsprachenunterricht oft nur eine nebensächliche Rolle. Dabei eignet sich der Einsatz von Filmmaterial gut für die Vermittlung authentischer zielsprachlicher landeskundlicher Informationen.

Die 2. Phase war praxisorientiert. Hier haben Teilnehmer in Gruppen gearbeitet, und so wurden Ideen und Erfahrungen ausgetauscht. Folgende Fragen standen auf der Tagesordnung :

Was bedeutet Filme ?

Welche deutschen Filme kennt ihr ?

Welche deutschen Filme habt ihr schon im Deutschunterricht oder im Deutschclub eingesetzt ?

Was war die Zielgruppe ?

Was war die Wirkung auf die Schüler ?

Warum habt ihr diese Filme gewählt und vorgeführt ?

Diese Fragen wurden gründlich in Gruppenarbeit debattiert, und die Ergebnisse wurden im Plenum präsentiert. Aus den verschiedenen Exposés ging hervor, dass der Umgang mit Filmen die fünf Fertigkeiten Sehen, Sprechen, Hören, Lesen, Schreiben im Fremdsprachenunterricht festigt und untermauert. Filme sind also eine sinnvolle Ergänzung zum herkömmlichen Unterricht.

In der 3. Phase haben sich die Teilnehmer einen Film mit dem Titel “Sommer vorm Balkon” angesehen. In diesem Film wirft der Regisseur Andreas Dresen Fragen von Leben und Liebe auf. Zwischen Himmel und Erde sitzen die Menschen (Jugendliche, Erwachsene und Alte) auf dem Balkon und blicken so auf das bunte, schwierige Dasein, in dem die richtigen Leute oft die falschen sind. Trotzdem kommt man besser durch, wenn man nicht nur schön ist, sondern auch stark.

Abschiedsrunde

Das Seminar, das gegen 15 Uhr anfing, schloss um 18 Uhr mit dem Appell der Expertin für Unterricht im Goethe-Institut Yaoundé Julia Gestrich an die verschiedenen DeutschlehrerInnen, die erworbenen Kenntnisse in ihren Klassen einzusetzen.




CHANTCHO William, Deutschlehrer Douala – Kamerun

Donnerstag, 13. Januar 2011

Eindrücke von den Lernenden zum Thema: Welche Projekte für das neue Jahr?

1- “Mein Projekt für das neue Jahr ist eine Reise nach Deutschland. Ich möchte dort meine Ausbildung im Studienfach Soziologie fortsetzen. Am Ende der Ausbildung fliege ich nach Kamerun zurück, um eine “NRO”, Nicht-Regierungsorganisation, auf die Beine zu stellen. Mein Endziel ist es nämlich, den Frauen auf den Dörfern zu helfen, damit sie selbst die Armut bekämpfen können. Bei uns nennt man es “Hilfe zur Selbsthilfe.”


Josiane, Deutschlernende-Douala


2- “Für das neue Jahr habe ich mir ein bestimmtes Projekt vorgenommen. Ich möchte ein Kleinunternehmen in meinem Land gründen. Aus diesem Grund habe ich vor, nach Deutschland zu fliegen. Dort möchte ich mich im Bereich von Informatik ausbilden. Das wäre wirklich toll! “


Edwrard Césaire, Deutschlernender-Douala


3- “So viele Projekte habe ich für das Jahr 2011. Am liebsten möchte ich nach Deutschland reisen,um zu studieren. Zur Zeit lerne ich Deutsch in einem Sprachinstitut. Die deutsche Sprache ist meines Erachtens ein bisschen schwer, aber sehr interessant. In Deutschland möchte ich eine gute Ausbildung machen, um später einen schönen Beruf ausüben und so meiner Familie helfen zu können.”


Julienne, Deutschlernende-Douala


4- “In dem Jahr 2011 möchte ich Pharmazie in Deutschland studieren. Zur Zeit besuche ich einen Deutschsprachkurs in Douala. Später möchte ich, dank Gottes Hilfe als Apothekerin arbeiten. Mein Vater besitzt übrigens einen pharmazeutischen Betrieb und mit ihm möchte ich in der Zukunft zusammenarbeiten. Wie der Vater, so die Tochter!”



Rameline, Deutschlernende-Douala


5. "Für das neue Jahr setze ich mir zum Ziel, mich total für den Umweltschutz einzusetzen. Ich möchte die Leute für die dauernde Erwärmung der Erde sensibilisieren, weil das Klima wechselt und unsere Umwelt in Gefahr ist.

Daher schlage ich folgende Lösungen vor :

- mit umweltfreundlichen Fahrzeugen fahren

- den Müll immer in den Mülleimer werfen

- den Kollektivtransport fördern. "



Jacques, Deutschlernender-Douala

Sonntag, 9. Januar 2011

Online – Plattform für Deutschlehrer und Germanistikstudenten : Bericht vom 2. Treffen am Goethe-Institut Yaoundé - Kamerun

Das 2. Treffen zum Thema “Online Plattform für Deutschlehrer und Germanistikstudenten” fand am 18. Dezember 2010 im Goethe – Institut von Yaoundé statt. Der Workshop, der drei Arbeitsphasen umfasste, begann gegen 10 Uhr mit der Begrüßung durch den Moderator Herrn Uwe Jung und der gegenseitigen Vorstellung der verschiedenen 13 Teilnehmer.


Verlauf des Treffens

Von vornherein hat der Moderator die verschiedenen Teilnehmer ganz herzlich gebeten, die Beschlüsse der bisher durchgeführten Online-Debatten vorzustellen. Bei dieser Gelegenheit hat jeder je nach seiner persönlichen Überlegung versucht, zu zeigen, wie unser Online-Projekt aussehen könnte. Der wichtigste Punkt war dann die Frage nach der dreisprachigen Form des Projekts. Es ging also darum, eine dreisprachige Webseite: Französisch, Deutsch und Englisch auf die Beine zu stellen. Zu diesem Aspekt wurden wir versichert, dass wir mit dem Beistand der professionellen Übersetzer der Zentralstelle des Goethe-Instituts rechnen können.

Dann gingen die Debatten weiter, nämlich mit der Präsentation von zwei interessanten Webseiten : “todo Aleman” und “ Mein Goethe”. Wir haben die beiden Webseiten gründlich durchgesehen und sollten uns sogar bei der Webseite “Mein Goethe” einloggen. Es ist auch wichtig zu erwähnen, daβ die Expertin für Unterricht Julia Gestrich am Workshop teilnahm.

Die 2. Phase des Workshops fing unmittelbar nach der Pause von ungefähr 10 Minuten an. Wir prüften einige Inhalte der Webseite “todo Aleman”, deren Texte sowohl auf Audios als auch auf Videos produziert sind. Wir stimmten alle darin überein, dass multimediale Webseiten attraktiver und aufschlussreicher sind.Wir sind zu dem Schluss gekommen, so etwas für Afrika zu gründen.Vorschläge wurden gemacht und es geht eigentlich hervor, dass solch ein Projekt wirklich als Vernetzungsmittel dient. Daher der Begriff “Interkulturalität”. In diesem Sinne werden Afrikaner und die Menschen von anderen Teilen der Welt einander näher gebracht und so wird der Kulturdialog leichter und spannender. Das Internet spielt dabei eine sehr wichtige Rolle, zum einen als Zeichen der Modernität in der Mediengesellschaft, außerdem ist es auch die beliebteste und schnellste Informationsquelle. Endlich haben wir vorgeschlagen, afrikanische Geschichten und Märchen auf unserer Webseite zu veröffentlichen, denn das dient der Stärkung der Identität.

Ein typisch afrikanischer Kulturabend wurde uns am Othni angeboten. Er lautete “ Week-End
Conte – Best-off “ . Wir befinden uns damit in der 3. Phase unseres Treffens, die darin besteht, die wahren Werte der afrikanischen Kultur mitzufühlen.Während ungefähr zwei Stunden haben einige talentierte Schauspieler afrikanische Märchen spielerisch auf der Bühne erzählt. Sie nutzten sowohl Sprache als auch Lieder, Mimik, Gestik und traditionelle Instrumente, um ihre Botschaft mitzuteilen.

Dankesworte und Wunsch

Für dieses 2. Treffen sind wir noch einmal dem Goethe-Institut Yaoundé zu herzlichem Dank verpflichtet. Wir möchten hier besonders Herrn Uwe Jung und Frau Julia Gestrich für ihre Betreuung danksagen. Wir wünschen uns freilich noch, dass die aufgeworfene Frage “Was ist Online-Journalismus?” von Grund aus erörtert wird und dass unsere Webseite bald offiziell startet.

William CHANTCHO, Douala-Kamerun